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kreuzer_02_2016

Überflüssig: Star-Wars-Quatsch; Kampf den Kindheitsmythen: Martina Badstubers Kindersachbuch entlarvt dreiste Erziehungslügen

066 Kinder & Familie 0216 Film 028 Spiel 034 Musik 036 Theater 046 Literatur 056 Kunst 060 Termine 072 Kinder & FamilieKinder & Familie Überflüssig Ein Problem es gibt: Diese Kolumne pro Aus- gabe meist ein böses Produkt für Kinder bespricht. Die Star-Wars-Vermarktungsmaschi- nerie aber viele böse Merchandise-Produkte auf den Markt geworfen hat: Darth-Vader-Zahn- bürstenhalter, Yoda-Brotdosen, Stormtrooper- Figuren, Death-Star-Wandlichter, Essstäbchen- Lichtschwerter, Schreibboxen, Shirts, Bettwäsche und Computerspiele. Jaha! Nicht ohne Grund spielte das Merchandise der letzten Star-Wars-Filme mehr Geld ein als die Filme selbst – und so hat es die Vermarktung des Blockbusters gar ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft. Als ob dies für den Krieg im Das Erwachen des Merchandise Star-Wars-Quatsch Kinderzimmer nicht schon genug wäre, so stellt die dunkle Seite der Spielzeug- und Filmindus- trie der Familienimperatorin und dem Vader eine weitere Hürde: Wie dem Nachwuchs erklä- ren, dass es zwar einen Star-Wars-Spieleteppich, den Millennium Falcon von Lego und fernge- steuerte Droiden für Kinder ab vier Jahren zu kaufen gibt, »Das Erwachen der Macht« im Kino aber nur für Menschen ab 12 geeignet ist? Und da ein Meister gegen seinen Schüler ohnehin machtlos ist, landete zum Trost der graue AT-AT aus Plastik und mit Fernsteuerung für 93,80 Credits im Online-Warenkorb und machte sich mit Lichtgeschwindigkeit auf den Weg zur Raumstation. Schüler ruft ins Weltall hinaus: »Lauf, Postbote, lauf!« Postbote: »Möge der Merch mit dir sein!« Meister: »Ihr hättet nicht kommen sollen!« Imperatorin: »Ich hab ein ganz mieses Gefühl bei der Sache.« Schüler greift zum Paket: »Ihr beide könnt da nichts ausrichten, ich muss das allein erledigen.« Die Plastikeinzelteile des AT-AT widerspenstig zeigen sich. Die Bedienungsanleitung nicht für Schüler gemacht ist. Meister seine Chance wittert und zur Bauanleitung greift: »Viel zu lernen noch du hast.« »Lassen sie ihn los, Vader«, Schüler zerrt am AT-AT. Meister: »Ich bin dein Vater!«, Imperato- rin: »Dieses Kräftemessen bringt niemandem was.« Meister baut AT-AT alleine weiter. Fernge- steuerter AT-AT kämpft erfolglos gegen den Wohnzimmerteppich. Schüler zückt sein Plastik- Lichtschwert zum Angriff. »Dieser kleine Droide bringt mich ganz schön in Schwierigkeiten«, Meister bringt AT-AT unter Verschluss. Schüler weint. Meister doziert: »Ihn betrauern tue nicht. Enge Bindung führt zu Eifersucht. Der Schatten der Raffgier das ist.« Schüler weint. Meister zieht sich zurück. Der Wohnzimmerschrank seit- dem das absolute Machtinstrument im Uni- versum ist. THERESA EISELE Gibt es schlechtes Wetter, weil Kinder den Teller nicht leer essen? Macht Cola schwarze Füße? Und bringt tatsächlich der Klapperstorch die Kinder? Diesen und vielen anderen Fragen widmet sich Autorin und Illustratorin Martina Badstuber in ihrem Kinderbuch »So ein Quatsch! Was Eltern erzählen und Kinder bloß nicht glauben sollten«. Das von der Autorin selbst bunt bebilderte Büchlein greift Schauermärchen und Kindheitsmythen auf, die sich wohl jedes Kind schon einmal von einem Erwachsenen anhören musste, und konfrontiert diese mit der Realität. In einer kindgerechten, aber niemals verhät- schelnden Sprache klärt Martina Badstuber Kids darüber auf, wieso Spinat dem Körper genauso viel Eisen spendet wie Schokolade oder warum kleine Schläge auf den Hinterkopf keineswegs das Denkvermögen steigern. Es ist das Verdienst des Buches, dass Kinder darin Widerworte und Denkanregungen gegen ihre Eltern finden kön- nen – überdies aber auch dazu motiviert werden, sich in humoriger Form von alten Wahrheiten zu verabschieden und nach neuen Erklärungen zu suchen. Was sich nach drohender Revolte im Kinder- zimmer anhört, fordert tatsächlich Erziehung auf Augenhöhe ein. Denn Gruselgeschichten, Halbwahrheiten und dreiste Lügen der Erwach- senen haben sich seit Jahrzehnten als legitimer Teil der Erziehung etabliert. Sie können die Klei- nen zwar davor schützen, grobe Dummheiten zu begehen, untermauern aber auch die elter- liche Autorität. Und schließlich gilt im Eltern- haus dasselbe wie später auf der gesellschaft- lichen Bühne: Wissen ist Macht. Doch diese Macht wird korrumpiert, wenn die »elterliche Weisheit« zur Aufrechterhaltung des Status quo im Haushalt dient – wenn hanebüchene Ant- worten und Horrorszenarien erfunden werden, um den Kindern den Willen der Erwachsenen aufzuzwingen – und den Nachwuchs so beispiels- weise um den Genuss der Lieblingsschoki bringt. Vor Anarchie im Kinderzimmer sollten sich Eltern trotzdem nicht fürchten. Nicht zuletzt regt Martina Badstuber durch ihre schonungs- losen Enthüllungen zum Querdenken an: eine wichtige Fähigkeit spätestens dann, wenn das Kind zum Jugendlichen und der Jugendliche zum Erwachsenen wird. Indessen können Eltern mit diesem Buch vielleicht auch die Urban Legends der eigenen Kindheit auf ihren Wahr- heitsgehalt abklopfen und endlich die richtigen Antworten finden. STEFAN KAUPISCH ▶ Martina Badstuber: So ein Quatsch! Was Eltern erzählen und Kinder bloß nicht glauben sollten, Leipzig: Klett Kinderbuch 2015. 32 S., 12,95 € Am 25. Februar werden Nachwuchsforscher gekürt: Im Neuen Augusteum der Uni findet der Regionalwettbewerb Nordwestsachsen von »Jugend forscht« statt. Im vergangenen Jahr gewann Willi Zschiebsch mit einem Laufroboter für den Katastropheneinsatz. Und auch das diesjährige Rahmenprogramm kommt nicht ohne Roboter aus: Auf Spielfeldern sollen Miniroboter Herausforderungen meistern. +++ Und noch ein Wettbewerb: Das Sächsische Kulturministerium schreibt zum fünften Mal den Sächsischen Kinderkunstpreis aus. Kinder zwischen 7 und 12 Jahren können ihre Ideen zum Thema »Trau dich« bis zum 22. April ein- reichen. +++ Das Familieninfobüro verteilt den Familienkalender 2016, darin enthalten: wichtige Infos und Termine für Leipziger Familien. +++ Mehr Inklusion, mehr Eigenver- antwortung, mehr politische Bildung: Die Landesregierung hat einen Entwurf zur Novel- lierung des Schulgesetzes vorgelegt. Gewerk- schaft (GEW) und Opposition kritisieren den Entwurf als »strukturkonservativ« und nicht weitreichend genug. So wird es die von der SPD geforderte Gemeinschaftsschule nicht geben, Oberschulen bieten lediglich »gymnasiale Inhalte«. Förderschulen bleiben ebenso beste- hen wie das zweigliedrige Schulsystem. Auch die 300 neuen Lehrerstellen reichten nicht aus, so die Kritik. Geht das Gesetz durch den Land- tag, tritt es im Herbst 2017 in Kraft. +++ THE Kampf den Kindheitsmythen Martina Badstubers Sachbuch für Kinder entlarvt dreiste Erziehungslügen | Rezension | Vier Kurze

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