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kreuzer_07_2014 - Editorial

0714 003 Termine 072 Kunst 060 Literatur 056 Spiel 055 Theater 050 Musik 042 Film 036 Arbeiterschließfächer nannte sie der Volks- mund, der Dramatiker Heiner Müller fand noch schönere Worte: »Fickzellen mit Fernheizung«. Gemeint waren die Plattenbauten der DDR, in der das Idealbild der sozialistischen Kleinfamilie gepflegt wurde. Anfangs waren die neuen Viertel beliebt, später verloren sie extrem an Prestige. Doch wie es oft ist mit Dingen im Niedergang, riefen einige flugs deren Renaissance aus. Dass die Platte »hip« sein soll, ist nichts Neues, be- reits seit mehr als zehn Jahren wird immer wieder ihr Aufschwung verkündet. So auch gerade wieder in Grünau. Die Einwohnerzahlen steigen, und nach umfangreichem Rückbau gewinnt das Viertel tatsächlich an Attraktivität. Immer- hin beruhen die Bauweise als auch die Anlage der Trabantenstädte auf modernistischen Archi- tekturutopien des Bauhauses, die unter dem Begriff vom »Neuen Bauen« zusammengefasst werden können. Doch es waren weniger utopische Ideen, die den sozialistischen Staat zum überhasteten Bau riesiger Trabantenstädte trieb, sondern vielmehr die Sachzwänge einer ungelösten Wohnungs- frage. Wie der damalige Leipziger Chefarchitekt Horst Siegel in unserem Interview des Monats (S. 26) berichtet, fehlten in den siebziger Jahren in Leipzig Wohnungen für mehr als 30.000 Fa- milien. Entsprechend war Grünau für 100.000 Einwohner konzipiert, heute leben noch etwa 41.000 Menschen dort. kreuzer-Reporter Robert Reimer begab sich für unsere Titelgeschichte nach Grünau, stromerte dort über die Wiesen, die nun anstelle der gefal- lenen 16-Geschosser sprießen, und fragte die Menschen auf der Straße, was sie denn so denken über Grünau und das Leben und so (S. 20). In diesem Heft verwendeten wir an mehreren Stellen Bilder des Leipziger Fotografen Harald Kirschner (so auch auf dieser Seite), der vor allem in der Bauphase des Stadtteils, Anfang und Mit- te der achtziger Jahre, in Grünau unterwegs war. Es war die Zeit, in der Grünau überall nur »Schlammhausen« hieß (Fußwege fehlten weit- gehend) – und doch zeigen Kirschners Fotos einen sehr lebendigen und vor allem jungen Stadtteil. Wie in allen Lebenslagen galt auch hier: Es kommt eben darauf an, was man draus macht. Interessante Geschichten gibt es auch an ande- ren Stellen des Heftes: Der Politikwissenschaftler Robert Feustel besuchte mit einer Studenten- gruppe das Amazon-Lager und schrieb einen launigen Bericht aus dem Inneren der Logistik- hölle (S. 34), gleich vier Reporterinnen nahmen sich des Problems der sogenannten »Kosten der Unterkunft« an, die das Jobcenter an ALG-II- Empfänger in Leipzig zahlt – und die von der Stadt offenbar zu knapp bemessen wurden (S. 30). Wir liefern Hintergründe zum starken Abschnei- den der AfD bei den Kommunalwahlen (S. 16), den einschneidenden Stellenkürzungen bei der Leipziger Volkszeitung (S. 32), beschäftigen uns mit Straßentheater (S. 50), der Arbeit des Kultur- bürgermeisters (S. 52), erzählen von gutem Schulessen (S. 64) und sehr authentischen chi- nesischen Gastronomen (S. 68). Einen Abschied begossen wir in den letzten Ta- gen mit Bier und Tränen: Politikredakteurin Thyra Veyder-Malberg verlässt den kreuzer nach acht Jahren Arbeit an der wohl härtesten Nuss, die ein Lokaljournalist zu knacken hat: der Stadt- politik. Ihr Politik-Ressort wird derzeit im Inte- rim von Robert Briest geführt. Wir danken Thyra für ihre jahrelange, unermüdliche Arbeit, den Besuch endloser Stadtratssitzungen, den stets kritischen Anspruch ihrer Texte – und den Unterschied, den sie gemacht hat in der politi- schen Berichterstattung für diese Stadt. Grüstiger! So beendet James Turek gern seine Mails. Der sicherlich weltbeste amerikanische Comiczeichner und Illustrator in Leipzig kam vor ein paar Jahren (ja, noch vor dem komischen Leipzig-Gehype) aus Brooklyn in die Stadt und blieb hier hängen. Turek stammt aus Florida und illustrierte schon für die New York Times. In Deutschland brachte er sein wunderbares Kinder- buch »Make My Day!« (Klett-Verlag) heraus, da- rin wird den Sprösslingen in Wimmelbildern die englische Sprache nahegebracht. Englisch spricht Turek naturgemäß ganz gut – aber auch des Deutschen ist er mächtig, trotzdem schlei- chen sich Sprachholperer in seine Sprechblasen. Wir schlugen vor, diese nicht zu korrigieren und sie in ihrer charmanten Form zu belassen. Tureks Kommentar: »Auch ich glaube, die Leute finde der schlimm geschrieben Deutsch uber- haubt lustig. Falls etwas nicht verstandbar ist, dann bitte sagt es und ich kann ohne Sorge re- parieren.« Zu reparieren gab es nichts, so können Sie, liebe Leserinnen und Leser, ab diesem Heft Tureks Wimmelbildrätsel auf unserer Letzten Seite genießen. Wer das Rätsel löst und uns eine Postkarte mit dem Lösungswort schickt, kann eine tolle James-Turek-Wimmelbild-De- tective-Postcard gewinnen. Also spitzen Sie die Augen, dann die Stifte und ab die Post: Rätsel Durch Den Wimmel! Grüstiger! Andreas Raabe ▶ chefredaktion@kreuzer-leipzig.de Editorial HaraldKirschner Es kommt darauf an, was man draus macht: Grünau 1983 HERZ REIZ & GEFÜHLEine Ausstellung anlässlich des 250-jährigen Jubiläums der Hochschule für Grafik und Buch- kunst im Museum der bildenden Künste Leipzig 13. Juli bis 19. Oktober 2014 BARANOWSKI BINSCHTOK BUTH FAMED HAMANN HUTSCHEK KLIMPEL, HAGGARD & KLASSE SYSTEM-DESIGN POPP REIMANN ROGGAN SCHINK VIP VON WEDEMEYER ZIELONY OESER Mit freundlicher Unterstützung Einrichtung der Stadt Leipzig Katharinenstraße 10, 04109 Leipzig www.mdbk.de ANZEIGE

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