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kreuzer_03_2016 - Spiel

Sterben muss sich wieder lohnen: Neue Spiele arbeiten mit dem Tod ihrer Helden; Das Periskop: Memos mit Verbesserungswünschen

Spiel 040 0316 Film 034 Musik 042 Theater 054 Literatur 064 Kunst 068 Termine 086 Mit dem Tod wissen wir wenig anzufangen. Der Tod ist ein Loch. Für Videospiele ist er eine Leerstelle. Nach dem Ableben wird der letzte Speicherpunkt geladen. Die Tragödie schrumpft zum kleinen Fehler. Spieler wiederholen sich, bis der Held überlebt. Das mag eine schöne Fan- tasie sein. Aber so beraubt sich das Medium seiner Möglichkeit, irgendetwas zu sagen. »Thar- sis« macht es vor. Das Video-Würfelspiel lebt vom Tod. Ein Raumschiff zum Mars ist gestartet, sechs Besatzungsmitglieder sind an Bord, allen geht es gut. Dann bricht die Katastrophe herein, das Schiff ist schwer beschädigt, zwei Astro- nauten tot. Das ist nicht das Ende – das ist der Anfang des Spiels. Gewürfelt wird allein gegen ein sadistisches Spielbrett. Es sieht schön aus; in den Räumen des Raumschiffs kann man genau erkennen, wie die roten Lämpchen blinken und der Transfor- mator brennt. Die überlebenden Crewmitglieder werfen virtuelle Würfel, um die Schäden zu reparieren. Oder um sich zu heilen, Stress abzu- bauen und Nahrung zu ernten. Das Spiel ist kein stumpfes Kniffel mit dem Tod, dafür sind die Optionen zu zahlreich. Stattdessen ist »Tharsis« ein Tanz mit der Statistik. Wer besser kalkuliert, der kommt vielleicht am Ziel an. Die Chancen steigen deutlich, wenn die Crew eine rote Linie übertritt – wenn sie die toten Kameraden isst, statt Zeit im Gewächshaus zu verschwenden. Das steigert den Stresslevel der Crew, aber auch den des Spielers. Denn plötzlich triefen die weißen Würfel vor Blut. Der Astro- nautenblick irrlichtert durch den Helm. Wer stirbt als nächstes? Wann gibt es Essen? Ist der erste Leichnam verspeist, taucht eine neue Option auf: Jetzt lassen sich auch Kollegen für die gute Sache opfern. »Tharsis« verführt seine Spieler dazu, über die eigenen moralischen Stan- dards nachzudenken. Verlust und Trauer inszeniert vor allem eine Serie meisterhaft: »XCOM«, eine reichlich alberne Invasion der B-Movie-Aliens. Spieler dirigieren zerbrechliche kleine Soldaten, die wieder und wieder in den rundenbasierten Häuserkampf ge- gen die Invasoren treten. Das neue »XCOM 2« steigert den Einsatz. Die Menschen haben schon verloren. Zu spielen ist nur noch der verzwei- felte Guerillakrieg gegen die endgültige Unter- jochung der Menschheit. »XCOM 2« ist kein kurzer Würfelkrimi, sondern ein zäher Mara- thon. Söldner werden mit jedem Einsatz besser, gewinnen Orden und Narben. Und dann be- folgen sie einmal einen unvorsichtigen Befehl, schießen dumm daneben und werden ausge- löscht. Nur Gedenktafeln in der Offiziersbar bleiben von ihnen. Aber auch der plötzliche Tod ist eine Gnade. Das Fantasy-Rollenspiel »Darkest Dungeon« insze- niert ihn langsam und quälend. Die Heldenreise wird zum Abstieg. In einem kleinen Dorf an der Höllenpforte sammeln sich immer wieder neue Abenteurer, dringen immer tiefer in finstere Verliese voller abscheulicher Ungeheuer. Im Kampf zu sterben, ist hier einfach. Schwieriger ist das Überleben. Mit Traumata, Psychosen und Phobien kehren die Helden von ihren Ex- peditionen zurück. Die Probleme werden not- dürftig geflickt, und dann geht es zurück, im- mer weiter in den Wahnsinn hinein. »Darkest Dungeon« lehrt uns: Nicht den Tod müssen wir fürchten. Sondern das Leben. JAN BOJARYN ▶ Darkest Dungeon Plattform: PC, demnächst auch PS4 / Entwickler & Publisher: Red Hook Studios / Preis: 23 € ▶ Tharsis Plattform: PC, PS4 / Entwickler und Publisher: Choice Provisions, Inc. / Preis: 1 € ▶ XCOM 2 Plattform: PC / Entwickler: Firaxis, Publisher: 2K / Preis: 0 € »Darkest Dungeon«, »Tharsis«, »XCOM 2«: Nur die Überlebenden müssen den Tod aushalten»Darkest Dungeon«, »Tharsis«, »XCOM 2«: Nur die Überlebenden müssen den Tod aushalten Schluss mit dem Game Over! Neue Spiele arbeiten mit dem Tod ihrer Helden Donald Rumsfeld, ehemaliger Verteidigungs- minister der Vereinigten Staaten von Ame- rika, hat kürzlich an einem Videospiel mitgear- beitet. Nicht an einem geopolitischen Spiel des Lebens, sondern an einer Solitär-App. Das Programm greift eine besondere Form des me- ditativen Kartenlegens auf, die er einst über eine Diplomaten-Ecke von Winston Churchill lernte. Dem britischen Weltkriegs-Premier und passio- nierten Stumpenraucher war die normale Vari- ante schlicht zu einfach. Deshalb ersann er kurzerhand eine kniffligere Version mit sechs weiteren Blättern, den sogenannten »Teufels- karten«. Sie dürfen nicht wie alle anderen Karten an- gelegt werden, sondern müssen – Obacht! – in der »Siegeszone« platziert werden. Der betagte Rumsfeld stand dem entwickelnden Studio beratend zur Seite, von Computern hat der Falke schließlich keinen blassen Schimmer. Für rup- pige Anmerkungen zur Optimierung von »Churchill Solitaire« hat es aber gereicht. In der neuesten Ausgabe von »Periskop«, der monatlichen kreuzer-Spielekolumne, beschäfti- gen wir uns jedoch nicht nur mit Politik. Sie wollten schon immer einmal US-Präsident- schaftskandidat Donald Trump per Tröte die Haare föhnen und endlich die ersten Eindrücke von Kanye Wests neuem Spiel im Bewegtbild sehen (es geht um seine verstorbene Mutter)? Dann scannen Sie einfach wie gehabt den beige- fügten printexklusiven! QR-Code ein oder nutzen Sie den Kurzlink. Auf Lunge ziehend, Ihr MARC BOHLÄNDER bit.ly/1PWXKE Memos mit Verbesserungswünschen No sports, just card games (und Zigarren) Periskop Sterben muss sich wieder lohnen

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