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kreuzer_03_2015

Kinderrecht auf Antworten: In der Debatte um sexuelle Frühaufklärung bezieht der Verein Rosa Linde klare Position

016 Kreuzfahrt 0315 Film 040 Spiel 046 Musik 048 Theater 058 Literatur 066 Kunst 068 Termine 086 Pfui und igitt: Im vergangenen Jahr tobte die Debatte um eine angemessene sexuelle Aufklärung in der Schule. Es gab Petitionen, Info- tage, Demonstrationen. Die Eltern sorgten, die Kids erkundigten und die Lehrer erbosten sich. An allem war augenscheinlich Elisabeth Tuider schuld: Ihr Buch, das sie gemeinsam mit Sozial- pädagogen aus ganz Deutschland konzipiert hatte und das bereits in zweiter Auflage gedruckt wurde, ist lediglich als Leitfaden gedacht. Trotz- dem folgte ein Shitstorm der Konservativen. »Die Vielfalt von Geschlechtern, Sexualitäten und Lebensformen hat sich im politischen und gesell- schaftlichen Leben etabliert – es gibt eingetra- gene Lebenspartnerschaften, und Conchita Wurst gewinnt den Eurovision Song Contest. Genau das macht einigen Menschen offenbar Angst: Sie denken, sie seien umzingelt von neuen Lebens- entwürfen, die ihnen ihre Macht streitig machen«, sagte die Soziologin Spiegel-Online. Zu Beginn 2013 wurde in Baden-Württemberg ein Entwurf zum Bildungsplan vorgelegt, in dem das Wissen von und die Akzeptanz sexuel- ler Vielfalt eine neue, besondere Rolle spielt. Der Stoff soll fächerübergreifend innerhalb des Lehrplans vermittelt werden. Wie der Spiegel schreibt, möchte das Kultusministerium Kinder so »darin bestärken, sich selbst und ihr Gegen- über mit Wertschätzung zu betrachten. Denn in diesem Sinne setzen sich Schülerinnen und Schüler mit der eigenen geschlechtlichen Iden- tität und Orientierung auseinander, mit dem Ziel, sich selbstbestimmt und reflektiert für ein ihrer Persönlichkeit und Lebensführung ent- sprechendes Berufsfeld zu entscheiden« und »haben einen vorurteilsfreien Umgang mit der eigenen und anderen sexuellen Identitäten«. Doch das scheint erschreckenderweise nicht im Sinne der fast 200.000 Unterzeichner einer Online-Petition gegen die »Ideologie des Regen- bogens« zu sein, die von einem Realschullehrer aus dem Schwarzwald angezettelt wurde. Zur gleichen Zeit rief ein 28-jähriger Kölner Vater von vier Kindern die Initiative »Besorgte Eltern« ins Leben. Matthias Ebert organisierte 2014 Demonstrationen in mehreren Städten, darunter auch Dresden. Unterstützung fanden die besorgten Eltern auch durch Verschwörungs- theoretiker wie Jürgen Elsässer, dem Herausge- ber des in Leipzig erscheinenden neurechten Magazins Compact. Die Initiative richtet sich gegen eine »Frühsexualisierung« von Kindern durch den Staat und fordert für die Eltern »ihr historisch gewachsenes und durch das Grund- gesetz garantiertes Recht, ihre Kinder zu erzie- hen«. Ein Nachdenken hat also eingesetzt, aber in eine irreführende Richtung. Die Demonstrie- renden tragen Ängste mit sich herum, die von Vorurteilen und Missverständnissen zeugen. »Sexualerziehung hat das Ziel, zu einer selbst- bestimmten Sexualität zu befähigen […] Nicht alle Eltern sind gesprächsbereit und nicht in jedem Elternhaus findet Aufklärung statt. Es gilt also nicht nur das ›Recht der Eltern‹ aufzuklä- ren, sondern auch das Recht der Kinder, Antwor- ten auf Fragen zu erhalten. Pädagog_innen können hier eine hilfreiche Ergänzung sein bezie- hungsweise Ersatz bieten«, erklärt die Gesell- schaft für Sexualpädagogik. Der Leipziger Verein Rosa Linde veranstaltete im Dezember einen Infotag zur Diskussion über sexuelle Bildungs- arbeit. »Wir würden die Eltern gern ins Boot holen, aber da gibt es noch viel Unsicherheit«, sagt die Soziologin und Erziehungswissen- schaftlerin Thea Wende, die seit 2009 für den Verein tätig ist. Mit dem Master in Angewandten Sexualwissenschaften hat sie bald noch eine weitere Qualifikation in der Tasche: »Es ist wich- tig, fachlich gut ausgebildet zu sein. Denn die Beratungsanfragen werden immer mehr.« Fast 1.700 waren es 2014. Auch das Projekt »Liebe bekennt Farbe« gewinnt immer mehr Zuspruch von Schulen und anderen Bildungsstätten. Allein im letzten Jahr besuchten die Ehrenamt- lichen 75 Mal den Unterricht. Sogar eine vierte Klasse war dabei. Die Lehrer dort hatten den Verein angerufen, weil in ihrem Klassenzimmer so häufig das Wort »schwul« zu hören war. Die Schüler hätten viel, Eltern dagegen weniger Interesse gehabt. »In den Köpfen stecken immer noch veraltete Vorstellungen: Weil die Ehren- amtlichen des Projekts selbst homosexuell, bise- xuell, asexuell oder transgeschlechtlich sind, haben die Eltern Angst, ihre Kinder könnten sich daran ein Beispiel nehmen«, meint Wende. Der Sprecher des Schülerrats Sachsen, Tom Beyer, bestätigt das Interesse der Schüler, die natür- lich altersgemäß viele Fragen haben, aber ebenso unter Ängsten und Vorurteilen leiden: »Sexu- elle Orientierung und Geschlechtsidentität sowie Homophobie und Transphobie sind heikle Angelegenheiten, deren Thematisierung in Schulen sehr umstritten ist. Doch selbst wenn sie heikel sind, können altersgemäße Diskussio- nen über diese Fragen dazu beitragen, in Klas- sen und in der Schule eine von mehr Respekt geprägte Atmosphäre zu schaffen.« Höchste Zeit also für die Aufklärung über die Aufklä- rung. ISABELLA WEIGAND Kinderrecht auf Antworten In der Debatte um sexuelle Frühaufklärung bezieht der Verein Rosa Linde klare Position Die Kinder sind interessiert, bei den Eltern herrscht oft Unsicherheit, so Erziehungswissenschaftlerin Thea Wende henryw.laurisch Zeit für die Aufklärung über die Aufklärung

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