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kreuzer_04_2015

Der Zwerg: Opern-Sänger Dan Karlström über seine aktuelle Wagner-Rolle; China is a Humpelrocker: Eine Ankündigung aus Kostümbildnersicht; Drei Ankündigungen

056 Theater 0415 Film 036 Spiel 042 Musik 044 Literatur 064 Kunst 068 Termine 086 Bei der Frage nach einer Partie, die er unbe- dingt einmal singen möchte, wird Dan Karlström still. Er hält den Kopf schräg, überlegt, aber so recht Antwort geben mag er nicht. »Ich spiele jetzt erst mal den Mime, das ist wirklich ein Meilenstein für mich.« Ein Meilenstein für jemanden, der dabei schon einiges gesungen hat, bevor er jetzt den Zwerg und Siegfried-Ziehva- ter im dritten Teil des Wagner-Rings übernimmt. Karlström ist seit 2001 als Tenor an der Oper Leipzig. Wagner kennt er unter anderem als Steuermann im »Fliegenden Holländer« und David in »Die Meistersänger von Nürnberg«. Beim vorangegangenen »Rheingold« hat er den Mime bereits gegeben, da ist der Zwerg aber nur Nebenrolle. Auch Verdi, Puccini, Mozart und Lloyd-Webber gehen ihm flüssig über die Lippen. An Wagner gefällt dem geborenen Finnen vor allem die Dichte: »Das ist alles sehr clever kon- struiert. Man hört in der Musik, was auf der Bühne passiert, und die Untertexte sind alle schon eingeschrieben.« Privat hört Karlström eher selten klassische Musik, da steht er mehr auf Siebziger-Rock. »Ich habe gerade Led Zeppelin für mich wiederent- deckt.« Karlström staunt über die Veränderungen im Gesicht der Stadt, gegenüber denen das Opern- publikum recht konstant geblieben sei. »Aber die Stimmung ist jetzt besser als früher.« »Früher« bedeutet für ihn die Intendanz von Peter Kon- witschny, wo die Oper in Karlströms Rückblick zu sehr für die Kritiker und weniger für die Zuschauer gemacht wurde. »Wir müssen auch Eskapismus bieten und das Publikum auf emo­ tionaler Ebene ansprechen. Dabei darf die Oper weder kitschig werden noch zu intellektuell.« Dazu bedarf es allerdings eines guten Zusammen- spiels zwischen Regie, Dirigat und Sänger, was auch Vertrauen voraussetzt. So hat die Regie oft Ideen, die sich dem Sänger nicht sofort erschlie- ßen, aber im Laufe der Arbeit durchaus Sinn ergeben. Der Tenor sieht die Oper auf gutem Weg, was auch die steigenden Zuschauerzahlen zeigten. Als gelernter Betriebswirtschaftler hat er außerdem ein Auge aufs Marketingkonzept, das er als sehr gut und modern bezeichnet. Ganz anders ist seine Figur des Mime. Den hält er für ängstlich und getrieben vom unbändigen Willen zu Macht und Reichtum. »Der glaubt wirklich, dass er das schaffen kann.« Im Stück versucht Mime sich mittels Siegfried den Nibe- lungenschatz unter den Nagel zu reißen, ein Vor- haben, das scheitert und das der Zwerg mit seinem Leben bezahlt. Diese Rolle scheint an Karlström gewissermaßen hängen zu bleiben. In Chemnitz übernimmt er demnächst einen Hauptpart in einer Oper von Alexander Ziem- linsky. Der Titel des Einakters: »Der Zwerg«. TORBEN IBS ▶ »Siegfried«: 12.4., 16 Uhr (Premiere), 26.4., 17 Uhr, Oper Einen »Platz an der Sonne« für die Deutschen schaffen, das war erklärtes Ziel des Wilhel- minismus. Dem deutschen Kolonialismus spürt Rebecca Egeling (As We Are) nach. Ausgangs- punkt der Produktion sind Erbstücke, mit denen sie aufgewachsen ist: »Eine Holzskulptur, einen Tisch und silbernes Teeservice haben die Urgroß- eltern aus China mitgebracht, als sie in Folge der Versailler Verträge ihr dortiges Heim aufge- ben mussten.« Das erklärt Rebecca Loeffler, die als Bühnenbildnerin am Projekt beteiligt ist. Hat Egeling sich bei der Recherche in die eigene Familiengeschichte begeben, so hat Loeffler ebenso gegraben, ließ »Fotos, Briefe, Kostüm- historie, Landeskunde, Berichte zum Kolonialall- tag und Interviews mit Familienangehörigen« in ihre Arbeit einfließen. »Wie sich die Bilder, Geschichten und Fakten zu textilen Körperum- räumen verdichten, hat dann vielleicht etwas mit Inspiration zu tun. Hier ging es vor allem darum, die Kristallisationspunkte der Famili- engeschichte auszumachen und für diese eine sinnliche Repräsentation zu finden; zum Bei- spiel für die sehnsuchtsvolle Erinnerung der Urgroßmutter an ihre Zeit in Worpswede.« So deutet sie mit einer knöchellangen Hose den Humpelrock an, der vor 100 Jahren ein Muss für die Dame von Welt auch in den Kolonien war. Hier haben sich auch überraschende Parallelen aufgetan, so Loeffler. Um den Rock vorm Einrei- ßen zu schützen, wurden Beinfesseln getragen. »Die bürgerliche Dame bewegte sich im Tippel- schritt durch die Kolonie. Zur selben Zeit war das Abbinden der Füße zur Lotosform bei Chine- sinnen immer noch Praxis. Hier begegnen sich zwei Kulturen plötzlich in einer Bewegungs- qualität.« TOBIAS PRÜWER ▶ »Platz an der Sonne«, 24./25.4., 20 Uhr, Lofft Angedeutet: Humpelrock in Aktion Ohne Zipfelmütze: Singender Mime Karlström als Mime kirstennijhof Opern-Sänger Dan Karlström über seine aktuelle Wagner-Rolle, Leipzig und das Verhältnis zum Publikum Wie kleidet man 100 Jahre Familiengeschichte ein? Eine Ankündigung aus Kostümbildnersicht Der Zwerg China is a Humpelrocker Erstmals wird der Sächsische Tanzpreis ver- geben. Unter den Nominierten für die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung sind zwei Leipziger Produktionen: »Mozart Requiem« (R: Mario Schröder) des Balletts und »STRTCH« von Hermann Heisig. »Innovation, hohe künstle- rische Qualität und besondere Ästhetik« gelten als Maßstab für die Auszeichnung, die der Unterscheidung Stadttheater/Freie Szene nicht folgt. TPR ▶ 29.4., 20 Uhr, Bildermuseum Jean Genets »Splendid’s« ist ein Theater der Grausamkeit, aber auch der Befreiung und der Begierde. Geiselnehmer verschanzen sich mit ihrem millionenschweren amerikanischen Opfer in einem Hotel. Die Polizei belagert sie – eine letzte Nacht in Freiheit erwartet die Ver- brecher. Keiner kommt hier lebend raus? Claudia Bauer inszeniert diesen Showdown. Mit »Und dann« legte sie die beste Schauspiel-Produktion der vergangenen Spielzeit vor. TPR ▶ 18.4. (Premiere), 21.4., 19.30 Uhr, Schauspielhaus/Hinterbühne Die Insel der Vergessenen«: Das Sorbische National-Ensemble Bautzen gastiert mit einer alten Sorben-Sage. Sieben Könige fielen in einer Schlacht gegen die Franken und harren im klammen Grab bis heute auf ihre Auferste- hung. Auf diese Legende nimmt die Produktion Bezug und verquickt sie mit einer Liebesge- schichte. Zeitgenössischer Tanz trifft auf Fol- klore, Herzens- und Freiheitslust zerfließen in zarten Bildern.TPR ▶ 2.3., 20 Uhr, Lofft legal illegal scheißegal maximilianfischer

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