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kreuzer_07_2015

Grau, Weiß, Schwarz und ein wenig Gold: Expressive Bildteppiche von Johanna Schütz-Wolff; Luther in Torgau: Die Renaissancestadt eröffnet das Reformationsjahr 2017

055 Kunst0715 Termine 072 Spiel 061 Literatur 050 Theater 044 Musik 036 Film 030 2017 ist das große Jubiläumsjahr für Martin Luther, denn der Thesenanschlag 1517 gilt als die Geburtsstunde der Reformation in Deutsch- land. Vom Programm »Reformationsjubiläum 2017«, für das mehr als 35 Millionen Euro von der Kulturstaatsministerin Monika Grütters bewilligt wurden, profitiert in Sachsen kräftig Torgau. Mit rund 2,4 Millionen Euro wird die Sanierung und Restaurierung von Schloss Har- tenfels unterstützt und dort findet bis zum ­­­­­­­ 31.Oktober mit »Luther und die Fürsten – Selbst- darstellung und Selbstverständnis des Herr- schers im Zeitalter der Reformation« der Staat- lichen Kunstsammlungen Dresden die erste von insgesamt vier nationalen Sonderausstel- lungen zum Lutherjahr 2017 statt. Wer die Ausstellung besucht, sollte vor allem eines mitbringen: viel Zeit. 500 Einzeldenkmäler aus der Spätgotik und der Renaissance sind in der Stadt zu besichtigen und hier steht auch die einzige von Luther 1544 eingeweihte Kirche. Die Schlosskapelle von Schloss Hartenfels ist der erste protestantische Kirchenneubau über- haupt und wurde kürzlich restauriert. Nun kann man sich fragen, warum ausgerech- net Torgau zu einem Zentrum des Protestantis- mus wurde. Einer der wichtigsten Gründe, weshalb sich die sächsischen Fürsten schon früh dem neuen Glauben anschlossen, war der Generalablass der katholischen Kirche, der im Jahr 1515 bei der Bevölkerung und den Fürsten auf Widerstand stieß. Martin Luther fand unter den Aristokraten sowohl geistige als auch materielle Unterstützer und eines seiner größ- ten Verdienste bis heute ist, dass er die Bibel vom Lateinischen ins Deutsche übersetzte, damit sie jeder lesen konnte. Die Ausstellung eröffnet einen sehr intensiven Blick in diese Zeit des politischen Umbruchs. Mehr als 200 Kunstwerke legen ein Zeugnis darüber ab, wie Torgau von 1515 bis 1591, dem Jahr des Torgauer Bündnisses, der Dreh- und Angelpunkt für das lutherische Gedankengut war. Zu sehen sind kostbare Gemälde, Gold- schmiedearbeiten, Prunkharnische und Doku- mente von Leihgebern aus Deutschland, Europa und den USA. Am 9. und 10. Juli findet auf Schloss Hartenfels die internationale wissenschaftliche Tagung »Kurfürst August von Sachsen – ein nachrefor- matorischer Friedensfürst zwischen Territo- rium und Reich« statt. Für Torgaus Image kann das nur gut sein, denn dass die kleine Stadt an der Elbe Geschichte geschrieben und die Welt des Glaubens für immer verändert hat, ist fast in Vergessenheit geraten. NADJA NAUMANN ▶ bis 31.10., Schloss Hartenfels, Torgau Pfeife rauchend, mit Ponykurzhaarfrisur und Automobil, so präsentiert sich Johanna Schütz-Wolff (1896–1965) auf Fotografien. Stu- dium, Wahlrecht, Beruf – weibliches Leben in der Weimarer Republik hatte sich tiefgreifend verändert. Künstlerinnen kämpfen sich un- übersehbar in die erste Reihe durch. Sie begnügen sich nicht mehr mit küchentischkompatiblen Miniaturen, sie bauen gleich selbst gewaltige Tische und darüber hängen sie enorme Bilder, falls sie nicht gleich die ganze Wand bemalen. Für das hehre Ziel der Synthese von Kunst und Leben existieren keine Grenzen zwischen freier und angewandter Kunst und keine Hierarchie der künstlerischen Medien mehr. Den Frauen öffnen sich endgültig die Kunsthochschulen und deren Lehrstühle, auch Schütz-Wolff. Sie besucht 1913 ein Seminar für Handarbeitslehre- rinnen in Halle, dann die Großherzogliche Kunstgewerbeschule Weimar unter Henry van de Velde. Von 1915 bis 1918 studiert Schütz-Wolff an der von Paul Thiersch geleiteten Kunstgewerbe- schule Halle, der späteren Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle; Thiersch überträgt ihr dort 1920 die Leitung der neuen Textilklasse und Handweberei. Nach 1933 als entartete Künst- lerin diffamiert, zerstört sie etliche ihrer Werke. Das Grassi-Museum gibt Schütz-Wolff nun Raum für ihre großformatigen Bildteppiche, Werke aus textilem Material von immensem haptischen Reiz. Farblich reduzierte ländliche und religiöse Szenen mit Menschen und Tieren auf dunklem Grund sind kraftvoll aus einander überschneidenden hellen Flächen gefügt. Es geht nicht um hübsche Dinge für die gefällige Wohnungseinrichtung. Ihre raumgreifenden Bildteppiche zwischen Abstraktion, Expressio- nismus und Neuer Sachlichkeit korrespondieren mit den wuchtigen Möbelentwürfen und bau- gebundenen Projekten. Diese und die exquisiten Farbholzschnitte, Tuschzeichnungen und Mono- typien müssen nicht im Eingangsbereich der Ausstellung mit Namen berühmter Männer legi- timiert werden. Den ausgestellten Werken wer- den Arbeiten der Designerinnen Svenja Bernhold und Maria Röblitz beigesellt. So rückt die Burg Giebichenstein als Epizentrum neuen Gestaltens und Ausbildens von der Weimarer Republik bis zur Gegenwart erneut in den Blick. HEIDI STECKER ▶ bis 20.9., Grassi-Museum für Angewandte Kunst Leipzig xx staatlichekunstsammlungendresden:hanspeterklut,hanschristiankrass johannaschütz-wolff Nicht mehr von dieser Welt: Katze als Seelenbote im Bildteppich In Torgau wieder vereint: Luther und das im neuen Glanz erstrahlende Schloss Hartenfels Expressive Bildteppiche von Johanna Schütz-Wolff Weiß, Grau, Schwarz und ein wenig Gold Die Renaissancestadt eröffnet das Reformationsjahr 2017 Luther in Torgau

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