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kreuzer_07_2015

Mehr neu als alt: Die sanierte Kongreßhalle wurde eingeweiht; Gilbert-Comic: Erwachen unter Nackten

010 Kreuzfahrt 0715 Film 030 Musik 036 Theater 044 Literatur 050 Kunst 054 Spiel 061 Termine 072 Eigentlich schön, dass sie wieder da ist, die Kongreßhalle am Zoo. Viele Leipziger älteren Semesters erinnern sich nostalgisch an ihre Partys in den vielen Sälen des 1900 eingeweihten Gesellschaftshauses. Hier wurde zu DDR-Zeiten aber nicht nur getanzt, sondern auch getagt, tra- ten Gilbert Bécaud oder Roy Black auf und Polit- Redner fanden dort ihr Auditorium. Im Weißen Saal hatte das Theater der Jungen Welt seine Spielstätte. Die Kongreßhalle war das kulturelle Zentrum der Stadt. Nun konnte sie nach Sanie- rung und Erweiterung, die das Büro HPP Archi- tekten verantwortete, im Rahmen der Stadtju- biläumsfeierei wieder eingeweiht werden. Noch vor dem Ende der DDR wegen Baufällig- keit und Brandschäden geschlossen, fristete der markante Bau über viele Jahre ein trauriges Dasein. Ein Verein mühte sich gegen das Verges- sen und 2010 begann – dem Konjunkturpaket sei Dank – die Renovierung. Zuerst entstand ein nördlicher Erweiterungsflügel mit neuen Sälen und der straßenseitigen Anlieferung. Mit abwei- send-geschlossenem Erdgeschoss duckt sich der flache, gesichtslose Riegel zwischen Altbau und Zooverwaltung. Den gestalterischen Über- schuss verwendeten die Architekten bei den beiden rückwärtigen Saalbauten. Sie setzten die- sen eine Betonschale mit filigranen Bogenrei- hungen vor, die wie Laubsägearbeiten wirken. Hier, eingeschlossen von den historischen Gebäudeteilen, dominieren die Kuben mit ihrer Vielgliedrigkeit das Ensemble. Andererseits entsteht so im Inneren ein ganz eigener Raumein- druck. Den alten großen Saal als Herz des Hauses werden viele nicht mehr wiedererkennen. Statt der bekannten schlichten Raumfassung aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg entschied man sich für eine Rekonstruktion der üppigen Gliederung der Entstehungszeit. Unter der gewölbten Decke entstand der Rang mit seiner alten geschwungenen Kontur neu. Pfauen, Giraffen, Palmen und ein Blättervorhang aus Stuck zieren die Stirnseite – alles in distanzier- tem Weiß. Dieser Exotismus passt zum heutigen »Erlebniswelten«-Konzept des Zoos, bei dem Illusionen von Natürlichkeit und fremder Kultur erzeugt werden. Ganz profan geht es unter dem großen Saal weiter, wo ein niedriger Ausstel- lungsraum geschaffen wurde, der den Charme einer Massennotunterkunft verströmt: Gegen- sätze bestimmen das Haus. Eine Mischnutzung wird die Kongreßhalle nicht mehr prägen. Als Pächter des Hauses will die Leipziger Messe es für das boomende Tagungsgeschäft nutzen. Die alte kulturelle Bedeutung und breite Erlebbarkeit kommt nicht zurück: Haus gerettet, neues Haus geschaffen. TIM TEPPER charlottesattler(2) Die sanierte Kongreßhalle wurde eingeweiht Mehr neu als alt Ganz in Weiß: Der neue Anbau (l.) für die alte Kongreßhalle (r.) empfiehlt sich durch gestalterischen Überschuss Aufbau Ost | Die Architekturkolumne |

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