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kreuzer_09_2015 - Film-Rezensionen

45 Years; Am Ende ein Fest; How To Change The World; Life

038 Film Rezensionen Spiel 042 Musik 044 Theater 054 Literatur 064 Kunst 068 Termine 088 0915 01 02 03 04 01 45 Years Leiche im Gletscher GB 2015, 95 min, R: Andrew Haigh; D: Charlotte Rampling, Tom Courtenay, Geraldine James KKKKKMit »Weekend« schuf der britische Autor und Regisseur Andrew Haigh vor vier Jahren einen zarten Film um ein schwules Paar, das sich an einem Wochenende kennen- und lieben lernt. Er gewann zahlrei- che Preise auf Festivals rund um den Globus. Mit »45 Years« erzählt er eine gegensätzliche Geschichte. Kate und Geoff Mercer sind seit bald 45 Jahren miteinander verheira- tet und leben harmonisch mitein- ander. Die Feierlichkeiten zu ihrem Hochzeitstag stehen an. Auch wenn keiner der beiden Lust darauf hat, lassen sie die Vorbereitungen über sich ergehen. Kate ist aufgeschlos- sen und erträgt ihren verschwiege- nen Mann. Zwischen ihnen glimmt nach all den Jahren immer noch Liebe. Doch ein Brief für Geoff ändert alles. Der Leichnam seiner ersten Liebe wurde gefunden, dort, wo sich ihre Wege damals durch ein Unglück trennten. Gefroren im Eis eines Gletschers in den Schwei- zer Alpen, blieb er unversehrt. Geoff soll ihn identifizieren. Erinnerun- gen und Gefühle, die mit dem Kör- per unter den Schichten der Jahre vergraben waren, tauen auf und damit unausgesprochene Geheim- nisse. Die Feier steht bevor, aber gibt es überhaupt noch eine Ehe, die zu feiern wäre? Basierend auf einer Kurzgeschichte von David Constan- tine erzählt Andrew Haigh zurück- haltend und eindringlich von ­enttäuschten Vorstellungen und Wunden, die nie verheilen. Seine großartigen Hauptdarsteller verlei- hen ihrer nuancierten Darbietung mit kleinen Gesten Ausdruck. Dem realistisch geschilderten Drama nimmt der Mut zum Minimalis- mus indes nichts von seiner Schlag- kraft. »45 Years« trifft tief und die Fragen, die er stellt, wirken lange nach. Meisterhaft wie der große Ing- mar Bergman erzählt Haigh seine eigenen »Szenen einer Ehe«. Char- lotte Rampling und Tom Courtenay wurden auf der diesjährigen Ber- linale als beste Darsteller mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet. Lars Tunçay ▶ Passage Kinos, ab 10.9. 02 Am Ende ein Fest Leben mit dem Tod IL/D 2014, 93 min, R: Tal Granit, Sharon Maymon, D: Ze’ev Revach, Levana Finkelstein, Aliza Rosen KKKKKDas Recht zu sterben ist in den meis- ten Ländern immer noch ein Tabu. DiemoderneMedizinverlängertdas Leben meist künstlich mit Maschi- nen. Die Patienten leiden und nicht wenige von ihnen wollen, dass das Leid ein Ende hat. Das Thema Eutha- nasie ist immer wieder Bestandteil gesellschaftlicher Diskussion. Die wollen auch die israelischen Regis- seure Tal Granit und Sharon May- mon anregen. Sie zielen aber weni- ger auf den Verstand als mitten ins Herz des Publikums. Yehezkel ist 72 und lebt zufrieden mit seiner Frau Levana, die an Alzheimer erkrankt ist, in einem Altersheim. In der Freizeit bastelt der rüstige Rent- ner gerne mehr oder minder prak- tische Patente in seinem Arbeits- schuppen. Sein Freund Max liegt im Krankenhaus und es sieht nicht gut aus. In den Nächten hallen seine Schmerzensschreie durch die Flure. Seine Frau kann es nicht mit anse- hen, wie Max leidet, und bittet den alten Tüftler um Hilfe. Yehezkel soll eine Maschine bauen, die es Max erlaubt zu sterben. Gemeinsam mit zwei weiteren Bewohnern der Ein- richtung und einem pensionierten Tierarzt, der das Beruhigungsmittel besorgt, verhilft Yehezkel seinem Freund dazu, in Würde abzutreten. Obwohl die vier um Verschwiegen- heit bemüht sind, spricht sich bald herum, was sie getan haben. Plötz- lich stehen Fremde vor dem Fenster der Cafeteria und bitten um Hilfe beim Ableben. »Am Ende ein Fest« mauserte sich zu einem der erfolg- reichsten israelischen Filme der letzten Jahre und hat auch bei uns das Potenzial zum Publikumshit. Das Regie-Duo Maymon und Granit versteht es, mit großer Leichtigkeit Worte und Bilder für etwas zu fin- den, das sich so oft der Darstellung entzieht. Das tolle Ensemble spielt prächtig zusammen und füllt die Figuren mit menschlicher Wärme. Ihnen allen gelingt eine wunder- bar schelmische Komödie über das Abschiednehmen – gleichermaßen mit einem lachenden wie einem weinenden Auge. Lars Tunçay ▶ Passage Kinos, ab 23.9. 03 How to change the World Alles ist im Fluss GB/CDN 2015, 110 min, R: Jerry Rothwell; D: Bob Hunter, Paul Watson, Patrick Moore KKKKKAm Anfang war das Meer: 1971 machte sich eine Gruppe junger Aktivisten aus dem kanadischen Vancouver auf den Weg, den Test einer US-Wasserstoffbombe auf der Insel Amchitka im Nordpazifik zu verhindern. Zusammengefunden hatten sie im Rahmen der Hippie- Proteste gegen Krieg, Ausbeutung, Umweltzerstörung oder Autori- täten. Ihr Kampf scheiterte – aber nur auf den ersten Blick. Denn das Schiff, das sie mitsamt dem Kapitän mieteten, wurde noch während der Fahrt in »Greenpeace« umbenannt und mit diesem Namen eine Idee gepflanzt, die Früchte tragen sollte. Regisseur Jerry Rothwell beleuchtet in seinem fast zweistündigen Doku- mentarfilm die Anfänge der größ- ten Umweltschutzstiftung der Welt und lässt dabei wichtige Mitbegrün- der wie den kämpferischen Paul Watson, den sympathischen Rex Weyler, den skurrilen David Gar- rick oder den kontroversen Patrick Moore zu Wort kommen. Eine öde Talking-Heads-Show wird daraus jedoch nicht. Stattdessen sind ins- besondere all die Filmausschnitte von einst zu sehen, die den konflikt- reichen Werdegang der Organisa- tion überhaupt ermöglichten. Denn der Macht der Medien war sich ins- besondere der 2005 verstorbene Journalist Bob Hunter stets bewusst. Die vertonten Gedanken des stillen ersten Greenpeace-Anführers, die Kommentare seiner Weggefährten und weiteres Filmmaterial beglei- ten historische Bilder von lebensge- fährlichen Kampagnen gegen rus- sische Walfänger vor Kalifornien oder Robbenjäger in Kanada. Auch die Schattenseiten der ersten zehn Greenpeace-Jahre werden dabei nicht ausgespart. Gemeinschafts- sinn und Streit, Loyalität und Ver- rat, Liebe und Gewalt, Leben und Tod und sogar Action und Spio- nage: Der vielschichtige Stoff der Doku würde auch einem packenden Spielfilmdrama oder einer span- nenden Serie gut zu Gesicht stehen. Peter Hoch ▶ Passage Kinos, ab 10.9. 04 Life Flüchtiger Fokus CDN/D/AUS/USA 2015, 118 min, R: Anton Corbijn; D: Robert Pattinson, Dane DeHaan, Joel Edgerton KKKKKJeder kennt dieses Foto: Jimmy Dean an einem regnerischen Tag am New Yorker Times Square. Tief in den Mantel gehüllt hebt sich die schwarze Gestalt vom grauen Hin- tergrund ab. Es war eine Moment- aufnahme. Damals, Anfang 1955, war James Dean noch nicht der Star, der er einmal werden würde. Die Geschichte hinter dem Foto und die der Freundschaft zwischen dem Fotografen Dennis Stock und seinem Objekt, davon erzählt ein anderer Künstler, der durch seine Schwarz-Weiß-Fotos weltberühmt wurde: Anton Corbijn. Das Dreh- buch von Luke Davis setzt kurz vor dem schicksalhaften Treffen der beidenKreativenan.Stockist26,lebt in L.A. und bewegt seinen Sucher gelangweilt durch den Glitter der Reichen und Schönen. Getrennt von seiner Ehefrau und seinem Kind, versucht er über die Runden zu kommen. Als er eines Abends James Dean, einen 24-jährigen Far- mersohn aus Indiana, kennenlernt, der kurz vor seinem Durchbruch als Schauspieler steht, ist er fasziniert von ihm. Dean ist sich seiner Anzie- hungskraft bewusst, pfeift aber auf die Vorgaben der Studiobosse. Auch Stock, der ihn für eine Fotostrecke im renommierten Life Magazine porträtieren will, lässt er zappeln. In nächtelangen Gesprächen und Saufgelagen bildet sich eine Freund- schaft zwischen den beiden, die von kurzer Dauer sein wird. Corbijn erzählt in ruhigen Bildern von der Beziehung der unterschiedlichen Köpfe. Sein Porträt ist weit entfernt von Legendenverehrung und Blitz- lichtgewitter. Darauf muss man sich einlassen. Tut man es, so wird man mit einer nuancierten Darstel- lung von zwei vielversprechenden Akteuren belohnt. Dane DeHaan spielt Dean angenehm zurückhal- tend und Robert Pattinson beweist als Stock seine schauspielerischen Qualitäten. Corbijn legt visuell viel Wert auf die stilvolle Rekonstruk- tion der Zeit. Ein intimes Porträt, dessen Fokus faszinierend, aber flüchtig ist. Lars Tunçay ▶ Passage Kinos, ab 24.9. 01020304 0145 Years

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