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kreuzer_10_2014_2 - Editorial

Editorial1014 Brüste auf dem Cover – ja, was soll das denn? Und dann auch noch ein Hintern. Was hat das alles mit dem 9. Oktober 1989 zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel – und genau darum geht es. Denn es hat mit etwas anderem zu tun, näm- lich mit den Klischees der Vermarktung. Und damit wiederum hat der 9. Oktober 2014 mit sei- nem Lichtfest mehr zu tun als mit dem Objekt, an das es erinnern soll: den 9. Oktober 1989, dem Tag der legendären Montagsdemonstration vor 25 Jahren, als zehntausende Menschen der offenen Gewaltandrohung des Regimes trotzten. Das vom Stadtmarketing erdachte und orga- nisierte Lichtfest nimmt dem Anlass die Schwere, die er verdient, und ersetzt sie nicht durch die Leichtigkeit zur Reflexion anstiftender Muße – was ja vielleicht noch Sinn ergeben würde –, sondern durch einen gleichermaßen faden wie dickflüssigen Brei an schwülstiger Emotionali- tät. Fast schon nebenbei wird Geschichte geklit- tert, Sinn und Zweck des Ganzen liegen dann letztlich in der Vermarktung der Stadt, Wider- stand wird zumindest intern unterdrückt (siehe die Bohei-Affäre), Bezug genommen wird auf zweifelhafte Traditionen wie Fackelmarsch und Prozession – ach, es ist eine Angelegenheit, die einen heulen lassen könnte. Ab Seite 22 lesen Sie in unserem Titeldossier, warum die Verkitschung des 9. Oktober so unsäg- lich, gar gefährlich ist. Britt Schlehahn schaut sich anschließend die für die kerzenschwin- genden Ringkreisler aufgefahrenen Kunstwerke an und stellt ihnen (gemeint sind wahrschein- lich die Kunstwerke) kein gutes Urteil aus. Tobias Prüwer blickt dagegen auf die Worte. Sprache formt Bewusstsein, das wissen wir ja: Was ist dran an Begriffen wie »Wende« oder »Friedliche Revolution«? Prüwer meint: Offenbar sind beide Begriffe kaum anwendbar auf die Ereignisse während des Zusammenbruchs der DDR. Den Abschluss der Titelstrecke bildet Jessica Bocks Bericht über die Frauenbewegung in Leipzig unmittelbar vor, im und nach dem Herbst 1989. Bock forscht zum Thema an der TU Dresden. Sie erzählt eine Geschichte, die nur sehr selten er- zählt wird: nämlich, mit welchen Widerständen die emanzipatorische Bewegung im real exis- tierenden Sozialismus vor dem Mauerfall zu kämpfen hatte – und dass sie auch danach im demokratischen Aufbruchsfieber jeden kleinen Fortschritt erkämpfen musste. Über allem schwebt jedoch der aktuelle Anlass: Das Lichtfest ist zum Erinnern an den 9. Okto- ber 1989 und die politischen Prozesse, die diesem Tag vor 25 Jahren vorangingen und nachfolgten – bis heute fortdauern –, nicht geeignet. Doch was könnte die Alternative sein? Wenn Sie eine Idee haben oder das alles ganz anders sehen, schreiben Sie uns. Gern an die Mailadresse unten auf dieser Seite. Wie will ich mein Leben leben? Diese Frage stellt im kreuzer-Interview ein etwas erschöpft wirkender Claas Danielsen, Chef des DOK Leip- zig, sich selbst. Am 27. Oktober beginnt es wieder, das Internationale Festival für Dokumentar- und Animationsfilm, es ist eine der wenigen Ins- titutionen der Stadt von echtem Weltrang. Für Danielsen wird es die letzte Festivalregie sein, nach zehn Jahren als Direktor und Geschäfts- führer gibt er seinen Posten nach der diesjährigen Ausgabe ab und nimmt sich erst mal ein halbes Jahr Auszeit. Wie Danielsen seine Leipziger Zeit erlebte, wie alles begann und warum er geht, all das erzählt er den kreuzer-Filmexperten Eileen Reukauf und Lars Tunçay im großen Interview ab Seite 30. Was sonst noch so in diesem Heft steht, ent- decken Sie am besten selbst, liebe Leserinnen und Leser. Blättern Sie einfach los. Immerhin leben wir in einem freien Land. Visafrei bis Hawaii! Andreas Raabe ▶ chefredaktion@kreuzer-leipzig.de BERNDSCHMIDT Freiheit, lass dich umarmen! Schlange vor Beate-Uhse-Stand auf dem Marktplatz am 29. März 1990. Es wurden Gratiskataloge verteilt WWW.THEPOSTLEIPZIG.COMA PROJECT OF ANZEIGE

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