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kreuzer_08_2015

Goethe-Idyll: Mit Theater an der Historie kratzen – Theaterfest Weimar

055 Theater0815 Termine 074 Kunst 062 Literatur 058 Musik 044 Spiel 042 Film 036 Goethe-Idyll In Weimar gibt es immer nur den Abguss eines Abgusses zu sehen«, erklärt der Museumsführer. »Es scheint, als ob Goethe nur kurz Zigarren kaufen ist, aber er ist tot. Das ist Weimar: Alles wirkt lebendig, aber alle sind tot.« Als vorgeblicher Goethespezialist erläu- tert Hans Peter Litscher die unbekannten Beziehungen des Geheimrats zum Zebra und beschreibt den Geist von Weimar, der nicht nur auf dem Kunstfest weht, gleich mit. Kunstfest Weimar: Unprätentiös ist der Name für diesen aufgeladenen Ort. Weimar galt und gilt für viele als kulturelle Wiege Deutschlands, dessen ideeller Kulminationspunkt. Als Klassikerstadt überhöht, zum Nietzsche-Umdeutungshort aufgeblasen, wurde Wei- mar zugleich zur Stätte, wo die Demokratie scheiterte, und mithin NS-Siegessymbol. Heute ist Weimar als Mittelstadt darin gefangen, zu viel Kultur für die eigene Bevölkerung zu haben, also auf interessierte Touristen angewiesen zu sein und sich schnell den Vorwurf der gefällig-verlässlichen Kunstproduktion gefallen lassen zu müssen. Kann hier das Kunstfest gegensteuern oder ist es ein Ausdruck dessen? In seiner 25. Ausgabe anno 2014 wollte sich das Festival nicht weniger als neu erfinden. Zuvor hatte es Nike Wagner zehn Mal wie eine Weihepriesterin als »Pèleri- nages«, als ihre Pilgerfahrten zur Kunst, geführt und mit dem Urenkelin-Status kokettiert. Ihr Finale titelte denn auch »Wagner-Idyll«. Vom Neuanfang als Goe- the-Idyll wollte der neue Leiter nichts wissen. Ins Fest hat Christian Holtzhauer das Theater auch in diesem Jahr enger eingebunden, probiert die künstlerische Aus- einandersetzung mit der Stadt. »Wir packen Weimars Gegensätze bei den Hörnern«, sagt Holtzhauer. »Die Frage lautet ja: Was kann Weimar heute noch sein? Die Stadt definiert sich stark über die Vergangenheit: Hat uns das was zu sagen oder ist es nur für Touristen inte- ressant?« Immer wieder ist es die Vergangenheit, an der das Fest rührt. Deutsche Erstaufführung von Frederic Rzewskis unter dem Eindruck des Auschwitzprozesses entstandenen »Der Triumph des Todes« oder »Hitler: Mein Kampf« von Rimini Protokoll. Konsequent wird der städtische Raum miteingebunden. »Man muss vor zeitgenössischer Kunst keine Angst haben – sie muss nicht im Schrein angebetet, kann benutzt werden«, so Holtzhauer. »Und das gelingt am besten, wenn ich rausgehe. Zum Beispiel das ›Konzert für 12 Traktoren‹. Der Komponist Sven-Åke Johansson ist normaler- weise nur etwas für Spezialisten. Hier sprechen wir ein breites Publikum an, das im geschlossenen Raum nie hingehen würde.« Immer wieder wird auf dem Kunstfest Weimars Süß- lichkeit attackiert, so wie bei eingangs beschriebener Pilgerwanderung im vergangenen Jahr. In Goethes Wohnhaus beginnend, ein Loch im Fensterladen soll ihn zur Farbenlehre inspiriert haben, führt der Münch- hausen Litscher mit »Goethes Zebra« ins Schloss. Hier hat er ein ganzes Schaukastenlabyrinth übers Zebra und Goethe, »die Greta Garbo des Darwinismus«, auf- gebaut. In seiner performativen Ausstellungs-Auf- führung nimmt er das Motto Dichtung und Wahrheit ernst. Wo geht man dem Tausendsassa auf den Leim, immerhin hat Che Guevara doch wirklich im Dschungel- Camp Goethe gelesen, war die Dietrich nicht Violinis- tin – aber in Weimar? Der Zuschauer wird zum Kompli- zen, Fakt und Fiktion verschwimmen unter Litschers herrlicher Camouflage zum ironisch-respektlosen Klassiker-Umgang wie -Andenken. Und völlig ernsthaft kann man dem Kunstfest dafür danken: Diesen Relaunch hat Weimar verdient. TOBIAS PRÜWER ▶ Kunstfest Weimar: 21.8.–6.9., www.kunstfest-weimar.de Theater am laufenden Band: Das Kunstfest hat seinen theatralen Fokus angenehm ausgebaut Mit Theater an der Historie kratzen: Kunstfest Weimar dorotuch(l.),FredDebrock(r.o.),KlaartjeLambrechts(r.u.) ANZEIGE 22. 7.–23. 8. 2015 SOMMER- THEATER IN DER ARENA AM PANOMETER MIT THEATERPACK VIEL LÄRM UM NICHTS von William Shakespeare 22. – 26. Juli: 20 Uhr DER NACKTE WAHNSINN von Michael Frayn 28., 29., 31.7.; 1.–3.8.: 20 Uhr DIE GELEHRTEN FRAUEN nach Molière 6.–9.8.; 12.–16.8.: 20 Uhr EIN SOMMERNACHTSTRAUM nach William Shakespeare 19. – 23. August: 20 Uhr Arena am Panometer Richard-Lehmann-Straße 114 04275 Leipzig Tickets 15 Euro, 12 Euro ermäßigt www.culton.de, T 0341.141618 Weitere Informationen T 0341.35 55 34-0, service@asisi.de arena.panometer.de www.theaterpack.com ARENA PANOMETER T 0341.355534-0, service@asisi.de

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