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Logbuch_2016

www.kreuzer-leipzig.de 31 MAGAZIN | Infos unter www.eulenspiegel.com Sarah Waterfeld und Robert Gold LIVE Sa. 19.3. Neues Rathaus Die Literaturparty zur Leipziger Buchmesse Ein aufwühlender Roman, der in die spannende Zeit des Umbruchs entführt Robert Gold Flieg ich durch die Welt Roman 368 Seiten, geb., 19,99¤ ISBN 978-3-359-02497-2 Sarah Waterfeld Was vom Hummer übrig blieb Roman 272 Seiten, geb. mit Schutz- umschlag, 19,99¤ ISBN 978-3-359-02494-1 Ein Roman über Macht, Mächtige und Strippenzieher ANZEIGE Als »literarisches Gedächtnis« für ihre Lektüre hat Mara Giese 2011 ihr Literaturblog »Buzzald- rins Bücher« gegründet; heute hat ihre Seite zwischen 10.000 und 15.000 Besucher im Monat. Zur letzten Leipziger Buchmesse wurde Giese von einem Kamerateam des MDR-Fernsehens begleitet, inzwischen absolviert sie ein Volon­ tariat beim Hamburger E-Book-Label »edel & electric« und gehört zu den arrivierten Litera- turbloggern im Netz. Die Berliner Buchhändle- rin Simone Finkenwirth betreibt ihr Blog »Klap- pentexterin« seit 2010; im Anschluss an den Indiebookday 2013 gründete sie die Blogger-Al- lianz »We read Indie«. Inzwischen bespricht die bestens vernetzte Gruppe nicht nur Bücher aus unabhängigen Verlagen, sondern stellt in der Porträtreihe »We talk Indie« regelmäßig Verle- ger und ihre Arbeit vor. Nur zwei von zahllosen Beispielen, die zeigen, wie Literaturblogs jen- seits des klassischen Feuilletons die Karten der Literaturkritik neu mischen. Die Verlage buh- len verstärkt um die Bloggerszene – von der Verlinkung der Blogbeiträge auf den eigenen Facebook-Fanpages bis zu speziellen Ansprech- partnern für die »Blogger Relations« und Blog- gertreffen im richtigen Leben. Flashmobs am Verleger-Schreibtisch, Selfies aus dem Allerhei- ligsten: Der Literaturbetrieb ist durchlässiger ­geworden. Logisch, dass solche Charme-Offen- siven nicht aus reinem Idealismus gefahren werden: Für die Verlage sind die Blogger wich- tige Multiplikatoren, die eine breite Öffent­ lichkeit jenseits der klassischen Printmedien erreichen. Zudem ist das Netz zwar schnell, kann aber deutlich nachhaltiger wirken. Blog- ger folgen ihren Neigungen, nicht den Aktu­ alitätsvorgaben einer Chefredaktion. Das Quali- tätsgefälle und die thematische Bandbreite ­der Blogs sind enorm. »Wir schauen uns die Seiten sehr genau an«, sagt Frauke Vollmer aus der Werbeabteilung von Hanser: »Wer ist Mei- nungsführer? Wer hat ein gutes Netzwerk? Man muss sich Zeit nehmen, sich ein Bild machen, welche Relevanz die Blogs mit ihrer speziellen Ausrichtung haben.« Im Kampf um die knappe Ressource Aufmerk- samkeit hat die klassische Verlagswebsite Ter- rain an die sozialen Netzwerke verloren. Die Folge: Mit eigenen Onlinemagazinen und Blogs wiedemSuhrkamp-»Logbuch«,Hundertvierzehn.de (S. Fischer) oder Resonanzboden.de (Ullstein) will man Autoren eine Plattform für Debatten und Einblicke in ihren Arbeitsalltag geben. Im Herbst 2013 schaltete Suhrkamp das Blog »Log- buch. Deutschsprachige Literatur heute« frei. Auf der Seite finden sich literarische Texte, Ko- lumnen und Hintergrundgeschichten aus dem Betrieb, dazu Fotos, Videos und Audiomaterial. So überrascht Thomas Meinecke, im Zweitbe- ruf Musiker und DJ, zu Weihnachten und Silves- ter schon mal mit ausgefallenen Playlisten. Letztlich geht es um Stoff, für den zwischen Buch- deckeln üblicherweise kaum Platz ist – der je- doch neugierig auf Köpfe, Bücher und Geschich- ten macht. »Die Autoren, die wir angesprochen haben, reagierten durch die Bank positiv«, freut sich die Lektorin Doris Plöschberger, auf deren Initiative das Projekt zurückgeht. Dass neben Autoren des eigenen Hauses auch Kollegen aus anderen Verlagen mit im Boot sind, ist kein ­Zufall: »Unser Ziel ist es, das Blog lebendig und in möglichst viele Richtungen offen zu halten«, erklärt Plöschberger. »Wir wollen uns nicht ein- engen lassen – weder formal noch inhaltlich.« Kein Zweifel: Das Netz hat den Hallraum, in dem über Bücher gesprochen und geurteilt wird, radikal erweitert – bis hin zu den Nutzerkritiken auf den Seiten des Online-Riesen Amazon. Bachmann-Preisträgerin Nora Gomringer emp- findet zahllose »Buch-Selfies«, Tonnen von Lese- tipps und die mal gehobenen, mal gesenkten Daumen im Netz eher als »Buch-Pornografie« zweifelhafter Qualität. Vergleichbar den Haul- Videos auf Youtube, wo – schau, was ich hier habe! – das passende Filmchen zum Shopping- Erlebnis gleich mitgeliefert wird. Dagegen sieht der Blogger Stefan Mesch, der als Kritiker auch für die Zeit und den Tagesspiegel schreibt, eher die Vorteile der neuen Durchlässigkeit: »Die meisten Redakteure sind heute auf Facebook und Twitter unterwegs, es gibt viel mehr direk- tes Feedback. Wozu von der Kanzel schreiben, wenn man auch miteinander ins Gespräch kom- men kann?« Dabei verändert das Netz die Aus- wahl der Titel, über die gesprochen und – im bes- ten Fall – gestritten wird: Bücher sind sichtbarer geworden, und das auf Dauer. Davon profitieren auch scheinbar randständige Genres: Plattfor- men wie Lyrikline.org oder das Lyrikblog »Fixpo- etrie« haben es geschafft, die Leserwahrnehmung nachhaltig zu verändern. Eine Entwicklung, die Mesch aus Kritikersicht bestätigte: »Wenn die ›großen‹ Titel von Iris Radisch besprochen wer- den, lese ich halt ein Dreivierteljahr lang ame- rikanische Jugendbücher. Und schreibe darü- ber. Ich will dort grasen, wo nicht alle sind. Was die Großkritiker mit ihren Rowohlt-Blockbus- tern machen, interessiert mich vielleicht in zwan- zig Jahren.« An der neugierigen Leserschaft sollte es nicht fehlen – sie muss die spannenden Inhalte, die oft isoliert und verloren durch die Weiten des Web schwirren, nur noch finden. Helfen kann da vielleicht der »Perlentaucher«, der seit fünfzehn Jahren an der Verbindung von traditioneller und digitaler Kulturöffentlichkeit arbeitet: Mit seinem gerade gestarteten »literarischen Meta- blog« lit21 will er alle Quellen bündeln, die sich im deutschsprachigen Internet mit Literatur beschäftigen – von einschlägigen Blogs bis zu Zeitungsadressen, Radiostationen und Verlagen. NILS KAHLEFENDT ▶ Unter dem Titel »Die Buchbeschleuniger. Literatur zwischen Feuilleton und Blogosphäre« diskutiert Andreas Platthaus (FAZ) am Messedonnerstag auf dem bücher. macher-Podium mit Thierry Chervel (»Perlentaucher«), Ijoma Mangold (Zeit), Sieglinde Geisel (»Tell«), Doris Plöschberger (Suhrkamp) und der Autorin Vendela Vida (The Believer, San Francisco): 17.3., 14 Uhr, CCL, Mehrzweckfläche 4, www.buechermacher.org

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