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Logbuch_2016

25 Jahre Reprodukt; Jiro Taniguchi: Die Wächter des Louvre

COMICS | www.kreuzer-leipzig.de 55 Lasst die Katzen platzen: Der feine Independent­ Comicverlag Reprodukt begeht seinen 25. Ge­ burtstag. Als Geschenk an sich selbst wie an die Leser jagt er dafür zwei Alben zur Leipziger Buch­ messe heraus. Seltsamerweise schleichen in bei­ den Katzen als zentrale Nebenthemen herum. In »Shit is real« schraffiert Aisha Franz eines Da­ seins bösen Traum aus. Irgendwann in naher Zukunft wird Selma von ihrem Freund aus der Wohnung geworfen, strandet in einer Mietska­ serne mit seltsamer Nachbarin, die immerhin eine Waschmaschine hat. Den Job hat sie hingeschmis­ sen und schleppt sich lustlos durch ihre Welt, von der sie sich ohne wichtige Gadgets digital ab­ gehängt fühlt. Immerhin kann sie mit Nachbars Katze gut Kirschen essen, Katzenfrauen stöckeln als Serviererinnen beim Slow­Food­Asiaten daher. China und Katzen hängen für Sascha Hommer enger zusammen. So lässt er seinen Protagonis­ ten von »In China« die meiste Zeit mit einer Samt­ pfotenmaske auftreten. Es ist sein Alter Ego, mit dem er seinen viermonatigen Aufenthalt in Chengdu schildert. Von der 14­Millionen­Stadt er­ fährt der Leser – meist anekdotisch vermittelt – viele Details. Hommer reichert den Comic mit Szenen aus Marco Polos Reisebericht, »Stadt der Katzen« und anderer Literatur an, was ihn zur subjektiv­dichten Geschichte formt. Reich im De­ tail sind seine Bilder, in körnigen Strukturen und Punktflächen die Hintergründe gehalten. Trotz der durch die leichte Drängung verursach­ ten Schwarzlastigkeit – vielleicht soll sie auch ewigen Smog andeuten – liest sich der Comic wie die leichten Notizen einer verlängerten Reise. Kein Vergleich zu Aisha Franz, bei der aus dem ebenfalls ziemlich detailreichen Kritzelkrakel ein endloser Katzenjammer erklingt. Ein Buch für Depressive. TOBIAS PRÜWER ▶ Aisha Franz: Shit is real. Berlin: Reprodukt .  S.,  € ▶ Sascha Hommer: In China. Berlin: Reprodukt .  S.,  € ▶  Jahre Reprodukt: Aisha Franz, Anna Haifisch, Sascha Hommer und Lasse Wandschneider zu Gast bei der Illustrationsklasse, .3., .3 Uhr, HGB Auftragswerke bieten in der Regel nichts Außer­ gewöhnliches, insbesondere wenn sie eine Institution preisen sollen. Glücklicherweise fällt da Jiro Taniguchis »Die Wächter des Louvre« hübsch aus der Reihe. Jedes Jahr wird ein Comic­ zeichner gebeten, sich dem französischen Kö­ nigspalast und seinen Sammlungen mit eigener Handschrift zu nähern. Wahrscheinlich will der Museumsort damit Hipness demonstrieren. Mit der Wahl von Taniguchi hat er aber ein sicheres Händchen bewiesen. Der bekannte Mangaka – so heißen die Zeichner der japanischen Comicver­ sion namens Manga – agiert schon lange als Grenz­ gänger und Brückenbauer und verbindet Manga sowie Einflüsse franko­belgischer Comics mit­ einander. Das wird auch am vorliegenden prächtigen Band ersichtlich. Wie es sich für einen Manga gehört, ist er von rechts nach links zu lesen. Er ist aber im westlichen Albumformat (23 x 33 cm) gedruckt. Die Bildgeschichte erscheint also in einem Gewand, das man früher »Euro­Manga« nannte. Zeichne­ risch setzt Taniguchi auf aquarellierten Realismus. Er lässt sein Alter Ego, einen japanischen Comic­ zeichner, Station in Paris machen. Eigentlich will der den mehrtägigen Aufenthalt dazu nutzen, den Louvre ausgiebig zu inspizieren. Aber ein Fie­ ber zwingt ihn ins Bett, bevor er aufbrechen kann. Im Louvre geschieht Seltsames: Angewidert von touristischer Sensationslust wendet er sich ab. Doch dann löst sich die leibhaftige Nike von Sa­ mothrake aus ihrer Statue und gewährt ihm eine persönliche Führung durch die nun menschen­ leeren Ausstellungsräume. Jedem Kunstwerk wohnt so ein Wächtergeist inne, wie der über­ raschte Besucher erfährt. Später trifft der Protago­ nist Vincent van Gogh und Jean­Baptiste Corot in Person. Wie nebenbei lernt der Leser allerhand über Co­ rots Einfluss auf die japanische Landschaftsmale­ rei. Es ist aber nicht allein dieser Blick über japa­ nische Bande, der »Die Wächter des Louvre« auszeichnet. Es lebt von den oft großformatigen Zeichnungen und Perspektivwechseln in Museum und Landschaft. Nicht zuletzt die gelungene Ad­ aption vieler Meisterstile ist eine Augenweide. Da stört auch das Stigma »Auftragswerk« nicht. TOBIAS PRÜWER ▶ Jiro Taniguchi: Die Wächter des Louvre. Übersetzt von John Schmitt-Weigand. Hamburg: Carlsen Verlag . 3 S., , € Smog und Katzenjammer Comic-Juwelier Reprodukt feiert sich mit zwei Miau-Alben Privatparty im Louvre Mit »Die Wächter des Louvre« liefert Jiro Taniguchi den perfekten Euro-Manga »Wenn du zum Weibe gehst, vergiß die Peitsche nicht.« Friedrich Nietzsche, »Also sprach Zarathustra« »Wenn du zum Weibe gehst, vergiß die Peitsche nicht.« Friedrich Nietzsche, »Also sprach Zarathustra«

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