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Logbuch_2016 - Magazin

Turbohaft dynamisch: Der Christoph Links Verlag erhält den Kurt-Wolff-Preis 2016

www.kreuzer-leipzig.de | MAGAZIN 6 Es ist alles andere als selbstverständlich, dass Christoph Links endlich den großen Kurt- Wolff-Preis erhalten hat. Die bisherigen Preisträ- ger verlegten entweder Lyrik oder wenigstens schöne Literatur und künstlerisch wertvolle Bü- cher. Und auffallend häufig wiesen sie – Wagen- bach, Wagenbach-Wolff, Wallstein, Wehrhahn, Weidle und Wunderhorn – das »W« als Anfangs- buchstaben ihres Namens auf. Dazu verlegt Links auch noch Sachbücher, und zwar am liebsten solche, über die man streiten kann. Reden wir nicht über all die mehrauflagigen Klassiker, die dem jüngsten DDR-Verlag schon seit 25 Jahren eine beneidenswerte Robustheit bescherten, nachdem sie – ein Siegel verlegeri- schen Genies – wie eine Bombe in die Verhältnisse eingeschlagen hatten. Darüber kann man in sei- nen drei gelben Verlagsfestschriften spannende Geschichten lesen, über die Prozesse mit Scien­ tology, die Aufdeckung der CDU-Spendenaffäre, die Rolle der Stasi im Literatursystem der DDR oder die Geschichte des rechten Terrors in der Bundesrepublik und so weiter. Im aktuellen ­Programm finden wir Hintergründe über das Scheitern der »Arabellion« (Julia Gerlach: »Der verpasste Frühling«), über »Afrika als neues Schlachtfeld des internationalen Terrorismus« (Marc Engelhardt: »Heiliger Krieg – Heiliger Pro- fit«) und über die Integration beziehungsweise das gesellschaftliche Veränderungspotenzial von Flüchtlingen in den letzten zwei Jahrzehnten (Christian Jakob: »Die Bleibenden«). Und seine Wiederentdeckung des allzu früh verstorbenen Militärhistorikers und Rundfunkjournalisten German Werth (als Feature auf Audio-CD: »Wie war das mit Verdun?«) scheint mir der gelun- genste Beitrag zu diesem traurigen Jubiläum. In Links’ Verlag geht es zu wie in einer großen Familie. Wer nicht kochen kann, braucht sich gar nicht erst zu bewerben. Und niemand hat treuere Hausautoren als er. Vielleicht ärgert und streit­et man sich, aber schließlich hat der Chef dann doch sehr oft recht mit seinem ebenso klugen wie deprimierend marktbewussten Rat. Ob sich Ver- legertum vererbt? Bei den großen Leipziger Dynas- tien wie Brockhaus und Reclam vererbten sich ja Verlag und Vermögen, und das über mehrere Ge- nerationen. Aber das müssen wir in Links’Fall wohl abwarten. Denn hier liegen die Dinge ganz anders, und es ist eine sehr interessante Frage, was Christoph genau seinem Vater Roland Links zu verdanken hat. Jedenfalls hat er dessen engagierte Virtuosen- stücke als DDR-Verleger gründlich studiert. Und die Bücher über Vaters Leipziger Kiepenheuer- Viererbande wie über Volk und Welt erschienen natürlich bei Christoph Links. Christoph Links – wer kennt nicht sein Buch »Das Schicksal der DDR-Verlage«? – ist bekennender Verlagshistoriker und als solcher der Leipziger Buchwissenschaft eng verbunden. Ich nehme ihm, ehrlich gesagt, immer noch übel, dass er für seine Doktorarbeit nicht mehr als ein Jahr ge- braucht und damit gründlich unsere gemütlichen Gepflogenheiten ruiniert hat. Mit dieser ihm ei- genen, man darf wohl sagen: turboartigen Dyna- mik treibt er jetzt auch unseren DDR-Band der deutschen Buchhandelsgeschichte voran, für die Historische Kommission des Börsenvereins, de- ren ordentliches Mitglied er neuerdings ist. Eine Ehre, die ihm als erstem gewesenen DDR-Bürger zuteil wurde. SIEGFRIED LOKATIS ▶ Siegfried Lokatis ist Professor für Buchwissenschaft an der Universität Leipzig Turbohaft dynamisch und deprimierend marktbewusst Der Christoph Links Verlag erhält den Kurt-Wolff-Preis 2016 Beneidenswerte Robustheit: Verleger Christoph Links CH.LINKSVERLAG

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