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Logbuch_2015

Bei den Sieben Schwaben: Thomas Böhme in Hermann Hesses Ländle

www.kreuzer-leipzig.de | Magazin 22 ein dicklicher, nicht mehr ganz junger Mann, an zwei Krücken gehend, steigt in Calw aus der Kulturbahn, die hier das Fähnlein der »Schwäbschen Eisenbahne« hochhält. Sie ist überfüllt. Bahnstreik, der dritte innerhalb von zwei Monaten. Auf seinem schwarzen, überm Bauch gewölbten Sweatshirt prangt in Weiß das württembergische Wappen. Es wird eingerahmt von zwei Sprüchen: »Deutscher von Geburt« & »Schwabe durch Gottes Gnade«. Und auf den Wappenbändern ist noch zu lesen »furchtlos & frew«. Gleich muss ich an die Sieben Schwaben denken, die dieses Motto, wenn nicht auf der Brust, so doch im Herzen trugen. Und ich stelle mir vor, wie der Hinkende, allen voran, seinen Krückstock erhebt und zur Pike werden lässt. Er nimmt den Fahrstuhl zur Altstadt, während ich, vom Laufen auch schon ein wenig fußlahm, mich die versiffte Treppe neben dem Parkhaus hinunterschleppe. Nee, das wollte ich nicht ris- kieren, mit so einem verkappten Berserker in einer engen Kabine auf Tuchfühlung zu stehen, mag er auch denken »Beim Element, du hascht gut schwätze, / bischt stets der letscht beim Dra- chenhetze.« Unten sehe ich ihn wieder. Humpelt bei Rot über die heimtückischste Kreuzung der Stadt. Ja, was wäre das Ländle ohne seine wilden Kerle! »Gottes Gnade« blieb mir versagt, denke ich, dafür wird auch keiner von mir Mut erwar- ten. Brav harre ich aus, bis die Ampel für ein paar Sekunden auf Grün umspringt, um den bronze- nen Vagabunden Knulp zu erreichen, der sich behütet vor der Sparkasse postiert hat. In der Rechten das Bündel, mit der Linken auf seinen Stockschirm gestützt. Respektlos rückt man ihm immer wieder mit Farbattacken zu Leibe, bis er mal mit knallharter Faust zurückschlägt. Begegnungen wie die oben geschilderte sind die Ausnahme. Die meisten Schwaben, die ich kennenlernte, waren von der liebenswürdigen Art, der literaturinteressierte Zahnarzt ebenso wie die nicht lesende Friseuse oder der siziliani- sche Gemüsehändler. Hat man den überm Park- haus errichteten Bahnhof und die meistens ver- stopfte Kreuzung erst einmal hinter sich, öffnet sich der Blick auf die Pfefferkuchenhäuschen rund um den Markt. Ein solches ist auch das Ge- burtshaus von Hermann Hesse, die Messingtafel neben dem Modehaus Schaber im Untergeschoss weist darauf hin. Als Hesse hier am 2. Juli 1877 das Licht der Welt erblickte, war das Fachwerk noch unter Verputz. Wegen der Brandgefahr. Was die Touristen heute bestaunen, ist erst im Zuge der Denkmalpflege Mitte des vorigen Jahrhun- derts wieder hervorgeholt worden. Im dritten Stock habe ich für drei Monate die Ehre, Gast der Calwer Hermann-Hesse-Stiftung zu sein. Als fünfzigster Stipendiat immerhin. Der erste war Volker Braun, und die Reihe setzt sich fort aus bekannten und weniger bekannten Namen, er- staunlich viele aus dem Osten. Bewerben kann man sich nicht. Es gibt ein Auswahlverfahren, aber wie es funktioniert, bleibt ein Geheimnis. Wer hatte hier jemals den Namen Thomas Böhme gehört? Jutta Bendt vom Deutschen Literatur- archiv Marbach, die der Findungskommission Bei den Sieben Schwaben ende letzten Jahres hat sich der Leipziger Schriftsteller Thomas Böhme als Stipendiat der Calwer Hermann-Hesse- Stiftung im Ländle umgesehen und aufgeschrieben, was er dort erlebt hat Schreiben Sie? Wir veröffentlichen Ihr Buch! Halle 3, Stand C 207 R. G. Fischer Verlag • Orber Str. 30 • 60386 Frankfurt • Tel. 069/9419420 • www.rgfischer-verlag.de Schicken Sie uns Ihr Manuskript; es kommt in gute Hände. auf der Buchmesse Anzeige thomaSBöhme

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