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Logbuch_2015 - Editorial

www.kreuzer-leipzig.de 3 Editorial | Alles, was die Dichtung betrifft, ist schwierig«, stellte einst Paul Valéry fest. Und Hans Mag- nus Enzensberger erklärte unumwunden: »Ly- rik nervt!« Beide hat das bekanntlich nicht davon abgehalten, selbst gehaltvolle und form- voll­endete Gedichte zu schreiben. Im Gegenteil, denn das Schwierige ist auch das Reizvolle. Und »nerven« sollen Gedichte ja gerade: indem sie uns auf Gedanken bringen, auf die wir von selbst nie gekommen wären, indem sie uns in ungeahnte Stimmungen versetzen, uns über­ raschen, uns Staunen machen. Kunst – und also auch Dichtkunst – bedeutet immer Überforde- rung. Aber es lohnt, sich auf diese Überforde- rung, eben das Schwierige und Nervige, einzu- lassen. Dazu bekommen Sie, liebe Leser, in diesem :logbuch reichlich Gelegenheit. In ihrem Essay »Musik der Gedanken«, der den Titelteil unse­res Hefts eröffnet, behauptet die Literaturwissen- schaftlerin Silke Horstkotte, die Dichterszene der Gegenwart sei so vielfältig wie wohl nie zu- vor in der Geschichte der Lyrik. Dafür wollen wir Ihnen den praktischen Beweis liefern: Wir haben eine Anzahl Leipziger Lyrikerinnen und Lyriker gebeten, uns Gedichte zu schicken. So kam eine veritable Anthologie zustande – die freilich weder Anspruch auf Vollständigkeit er- hebt noch einen thematischen oder formalen Zusammenhang besitzt. Dafür wird es vielfäl- tig. Christian Lehnert, Andreas Reimann, ­Thomas Kunst, um nur drei Namen zu nennen, sind seit Langem feste Größen der Leipziger Li- teratenszene und auch weit über unsere Stadt- grenzen hinaus bekannt. Aber wir können auch mit Geheimtipps aufwarten. Da wäre zum Bei- spiel der Sprachakrobat Titus Meyer, von dem Sie gleich mehrere Gedichte vorfinden. Als ein- ziger Beiträger ist Meyer kein Leipziger, aber seine virtuosen Anagramme und Palindrome haben uns so fasziniert, dass wir sie Ihnen schlicht nicht vorenthalten konnten. Darüber hinaus erwartet Sie wie jedes Jahr ei­ ne Fülle von Essays, Porträts und Interviews von und mit interessanten Persönlichkeiten des Li- teraturbetriebs. Marion Brasch erzählt im Ge- spräch mit der Schriftstellerin Madeleine Prahs von ihrem Bruder, dem unvergessenen Thomas Brasch; der Leipziger Dichter Thomas Böhme berichtet von seinen merkwürdigen Erfahrun- gen und Begegnungen in der Heimat Hermann Hesses; Branchenkenner Nils Kahlefendt infor- miert uns über die neuesten Trends auf dem ­E-Book-Markt; Matthias Jügler spricht über sein Romandebüt »Raubfischen«. Natürlich gibt es auch wieder jede Menge Buchbesprechungen (mehr als 40 sind es diesmal): Romane, Erzäh- lungen, Sachbücher, Kunstbände. Und wie ge- wohnt kommt auch die Kinder- und Jugend-­ literatur nicht zu kurz. Ach ja, eins noch. In der Januar-Ausgabe des kreuzer hatten wir über die riesige Sammlung von Verlagswerbeartikeln berichtet, die der Buchhändler Lutz Lewejohann in Grimma zu- sammengetragen hat. Leipziger Buchwissen- schaftler unter Prof. Siegfried Lokatis hatten sich daran gemacht, den ganzen fabelhaften Plunder zu sichten und für die Nachwelt zu er- halten. Nun, offenbar vermag die Lewe- johann’sche Wunderkammer nicht nur Buch- wissenschaftler in ihren Bann zu schlagen. Jedenfalls blieb unsere kleine Story nicht un­ beachtet. In der Folge berichtete das Branchen- magazin Buchmarkt ebenfalls über die Buch- händlerdevotionalien, und wie man hört, wird sich auch der MDR-Klassiker »Außenseiter Spit- zenreiter« im März der Grimmaischen Samm- lung widmen. Weil nach wie vorher ungewiss ist, was aus der wundersamen Kollektion wird, ha- ben wir uns entschlossen, hier noch einmal die schönsten Artefakte abzubilden. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie zwischen den Artikeln, Interviews und Rezensionen immer wieder auf »Grimm’schen Ramsch« wie Ventilatoren, Quie­tscheenten, Hundenäpfe und Ähnliches stoßen. Stefanie Silber hat die Fotos gemacht. Das heißt, wundern Sie sich ruhig. Dazu sind die Sachen – und das haben sie wiederum mit den Gedichten gemeinsam – ja da. Auf der letzten Seite bekommen Sie noch einen Gesamtein- druck von dieser »Wallfahrtsstätte für Bücher- menschen«. Wenn Sie über all das mehr erfahren oder uns einmal die Meinung sagen wollen, kommen Sie gerne jederzeit vorbei. Sie finden uns in Halle 5 am Stand E 218. Ihr Olaf Schmidt kreuzer-Literaturredaktion Anzeige StefanieSilber

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