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Logbuch_2015

"Heute im Angebot: Wurstgedichte" André Kudernatsch; "Catfish" Maik Brüggemeyer

www.kreuzer-leipzig.de | Bücher 42 Wichtig ist, was hinten rauskommt, war sich Helmut Kohl sicher. Dass dieser Satz zwei Enden hat, also stimmt, kann man aus André Kudernatschs »Wurstgedichten« ersehen. Denn wenn die Vorstellung, Zusammengereimtes über Zungen- und Bärchenwurst, Sülze und Brät, Frankfurter und Nürnberger Lyrik zu verfassen, seltsam anmutet, so ist doch ein lustiges Büch- lein draus geworden. Von dem kann sich man- cher Büttenredner eine Scheibe abschneiden. Zwischen Nonsens und Wortspielen breitet Kudernatsch eine reichhaltige Schlachteplatte mit Naturdarmlyrik und Pellenpoesie aus; schinkengespickt mit fleischfarbenen Cartoons des Hallenser Zeichners Thomas Leibe. Und der Pullunder-Dresdner Olaf Schubert steuerte ein kleines Vorwort bei. Betrüblich ist allerdings, dass zwischen Dackelwurst und Hackepeter nicht der Mettigel sein niedliches Näschen lüpft. Und noch einen Tadel muss Kudernatsch über sich er- gehen lassen: Als Thüringer die Eichsfelder Feldgieker nicht erwähnt zu haben, ist sträflich. Wie kann einem zu dieser Dauerwurst nichts einfallen? Nachbessern bitte!TOBiAS PrüWer ▶ André Kudernatsch: Heute im Angebot: Wurstgedichte. Leipzig: Salier Verlag 214. 3 S., , € Wenn Gläubige über die Gegenstände ihrer Anbetung schrei- ben, kommt meist das Gegenteil von Aufklä- rung heraus: Verklä- rung. Da hilft auch der Kunstkniff ein- es Romans nicht. In »Catfish« schickt Maik Brüggemeyer, seit 2001 Redakteur der deutschen Aus- gabe des Rolling Stone, seinen Helden, einen Musikjournalisten namens Maik, auf die Suche nach seinem Idol Bob Dylan und damit auf Wan- derschaft durch Amerika. In New York und an- derswo treffen sich beide mehrmals immer wie- der zu kurzen, zufälligen Gesprächen, in denen das große Orakel der Folk- und Rockmusik von seiner Kunst erzählt, wie man es von ihm ge- wohnt ist: in Andeutungen, Bildern, Rätseln. Die Dialoge montiert der Autor aus Zitaten von Songs, Interviews und anderen Texten, wie der 2004 erschienenen Autobiografie »Chronicles« (die natürlich mehr ver- als enthüllte). Auch in »Catfish« ist His Bobness demzufolge nicht zu fassen und spielt die Bälle immer wieder zurück, ohne dass ihn jemand gekonnt umspielen würde. Schade. Weil jeder Reiseroman, der Tiefe und Beständig- keit beansprucht, immer auch ein Bildungs- roman ist, stellt sich die Frage: Was lernt unser Held? Antwort: Dylans Kunstwerke sind Text- Spiegel, in denen sich der Betrachter selbst erken- nen kann; Bob, der Baumeister, gibt uns Werk- zeuge – etwas Sinnvolles daraus machen müssen wir selbst. Nur: Das wussten wir doch schon. Und sonst? Es fehlt ein packender Plot, die Figu- ren sind Scherenschnitte, das Denkmal spricht – und setzt auf seinem Sockel Patina an. Dabei hätte man doch so schön daran rütteln können! Statt- dessen haben die Dylanologen mal wieder bekom- men, was sie wollen: eine Fan-Huldigung ohne Mut zur gescheiten Kritik an einem der cleversten Selbstdarsteller der Popkultur. Am Ende schnurrt die Essenz des Romans auf einen Satz zusammen, der sein Cover ziert: »Wenn ich nicht Bob Dylan wäre, würde ich vermutlich selbst denken, dass mir Bob Dylan eine Menge Antworten geben kann.« SOFie Schneider ▶ Maik Brüggemeyer: Catfish. ein Bob-Dylan-Roman. Berlin: Metrolit 21. 2 S., 22, € Naturdarmlyrik Das Denkmal spricht, aber wackelt nicht André Kudernatsch reimt über Sülze und Dackelwurst Maik Brüggemeyers Dylan-Roman ist leider mehr Fan-Huldigung als gescheite Kritik Wihrer Anbetung schrei- gRiMM'SCHeR RAMSCH

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