Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Logbuch_2015

Ein fast blinder Fleck: Leipzig war Verlagsort vieler Sportzeitschriften

www.kreuzer-leipzig.de | MAGAZIN 26 Ein fast blinder Fleck Leipzig war Verlagsort vieler Sportzeitschriften–ein Blick in die Vergangenheit Wenn heute die Frage nach einem Sport-Lieb- lingsbuch oder -magazin gestellt wird, dann führt sie in den meisten Fällen zu einem langen Schweigen. Dies verwundert, weil die Entwicklung der Turnbewegung seit Mitte des 19. Jahrhun- derts und der modernen Sportbewegung eine Un- masse an Büchern und Magazinen hervorbrachte. Seien es solche, die Sportarten in populärwissen- schaftlichen oder historischen Abhandlungen vorstellen, Biografien oder Bücher zu Ereignissen – von Stadioneröffnungen zu Olympischen Spie- len über Weltmeisterschaften – oder Zeitschriften, die sich mit dem Tagesgeschäft auseinanderset- zen. Ein Blick zurück auf dieses sonderbar un- sichtbare Verhältnis von Buch, Sport und Leipzig sei daher erlaubt. Der erste bürgerliche Turnverein wurde 1845 in Leipzig gegründet. Neun Jahre später gab der Leipziger Verleger Ernst Keil die Deutsche Turn- Zeitung heraus. Sie galt als das wichtigste Organ der Deutschen Turnerschaft. Seit 1858 stand der in Leipzig-Lindenau ansässige Arzt und Turner Ferdinand Goetz der Zeitung vor. Ebenso hatte er bis zu seinem Tod 1915 das Amt des Vorsitzenden der Deutschen Turnerschaft inne. In dieser Funk- tion und mittels Zeitung konnte Goetz nicht nur seine Argumente für den Ausschluss proletari- scher Turner vortragen, indem er Turnen frei jeg- licher politischer Tätigkeit definierte, sondern seinen Protest gegenüber dem Leistungsgedan- ken im Turnen sowie seine Abscheu vor der modernen olympischen Bewegung um Pierre de Coubertin manifestieren. Mit der Gründung des Arbeiter-Turnerbundes 1893 in Gera entstand eine organisierte proletari- sche Bewegung, die ebenfalls gern Trainingsan- leitungen und Wettbewerbsberichte las. Außer- dem musste eine einheitliche Sprache gefunden werden, damit alle an unterschiedlichen Orten identische Übungen trainieren konnten, und Re- gelwerke vorgestellt werden. Daher beschloss der Arbeiter-Turnerbund bereits bei seiner Grün- dung, dass eine regelmäßig erscheinende Zei- tung notwendig sei. Den Auftrag erhielten die Leipziger Genossen um den Schlosser Moritz Fromm und den Drucker und Vorturner Her- mann Rauh. So entstand die Arbeiter-Turn- Zeitung, die Rauh von 1897 bis 1903 leitete. Am 15. Juli 1893 erschien die erste Ausgabe in einer Auflage von 2.000 Stück. Bis 1900 stieg die Auflage auf 22.000. Rauh verlegte seine Drucke- rei in die damalige Probstheidaer Hauptstraße (heute Russenstraße). Dort wurden nach 1900 einige Ausgaben der Iskra (Zeitung der sozial- demokratischen Partei Russlands) unter der Lei- tung von Lenin gedruckt. Daher erinnerte von 1955 bis zur Wende die Iskra-Gedenkstätte an diese Begebenheit (s. S. 50). Die sozialdemokra- tische Sportgeschichte nahm nur einen sehr ge- ringen Platz ein. Nach weiteren Druckorten gelangte der Ar- beiterturnverlag 1913 in die Fichtestraße. Hier entstand bis 1933 der zentrale Ort der sozial- demokratischen Sport- und Turnbewegung. Die Schulbibliothek der 1926 dort eröffneten Bun- desschule umfasste mehr als 3.000 Bände von den Anfängen der Leibesübungen zu den Neu- erscheinungen der Gegenwart. Bereits 1919 war die Umbenennung in Arbeiter-Turn- und Sport- bund erfolgt, weil neben Turnen andere Sportar- ten ebenso gleichberechtigt organisiert werden sollten. Die Zeitung hieß demzufolge nun Arbei- ter-Turn- und Sport-Zeitung. Darin waren Artikel zum Verhältnis von bürgerlichen und proletari- schen Sportvereinen zu lesen, neben Meldungen zu den Spielbetrieben sowie vielfältige Rekla- mestrecken für Sportgeräte sowie Bekleidung und Publikationen. Mitte der zwanziger Jahre werden die Berichte zunehmend mit Fotografien ausgestattet. Die Titelbilder zeigen Collagen un- terschiedlicher Übungen und Sportarten sowie Großveranstaltungen. Über allem stand aber immerzu die Losung: »Wer eine bürgerliche Zei- tung kauft, wer in bürgerlichen Geschäften seinen Bedarf deckt, wer bürgerliche Organisationen unterstützt durch Eintritt zahlende Besuche, der verrät die Interessen seiner Klasse.« Eine bürgerliche Sportzeitung, die von 1910 bis 1935 mit Sitz in Leipzig existierte, war die Mittel- deutsche Sportzeitung, die den DFB, den Leichtath- letik-Verband und alle Ballspiel-Vereine reprä- sentierte. Sie berichtete von allen Großveranstal- tungen sowie Fußballligen mit Tabellen, Spiel- berichten und Fotos. Der Verlag Dr. Stein & Kroll verlegte die Zeitschrift, wie auch die Illustrierte Flugwoche. Mit der Abspaltung der kommunistischen Sportler 1929 aus dem Arbeiter-Turn- und Sport- bund entstanden die Roten Sporteinheiten. Die Geschäftsstelle in Leipzig befand sich in der Lindenauer Angerstraße 14. Hier wurde für Leip- zig und Halle der Rote Sachsensport seit 1929 »Nackte Männer bei Turnübungen«

Seitenübersicht