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kreuzer_12_2016 - Politik

Neuer Kandidat – alte Positionen: Im Bundestagswahlkreis Leipzig-Nord setzt Bettina Kudlas Nachfolger Jens Lehmann auf Patriotismus

014 1216 Spiel 032 Film 034 Musik 040 Theater 050 Literatur 058 Kunst 062 Termine 084 Politik Am Schluss geht alles ganz schnell. Die Kandi- daten halten vor einem vollen Saal ihre Reden, um ihre Unterstützer hinter sich zu sam- meln. Doch schon nach dem ersten Wahlgang ist klar: Die Leipziger CDU wird Bettina Kudla bei der nächsten Bundestagswahl nicht wieder als Direktkandidatin aufstellen. Seit zwei Wahlperi- oden sitzt die 54-Jährige für die Union im deut- schen Parlament. Dort ist ihre politische Karri- ere nun vorerst gestoppt. Statt ihrer wird der 48-jährige Jens Lehmann – derzeit CDU-Stadtrat – versuchen, den Wahlkreis Leipzig I im Norden der Messestadt für die Partei zu verteidigen. Mit ihrem Hang zu polarisierenden 140-Zei- chen-Botschaften garantiert Bettina Kudla dem Wahlnominierungstag am 22. Oktober aller- dings erst mal außergewöhnliche Spannung und überregionale Aufmerksamkeit. Immerhin nötigte ihr umstrittener »Umvolkung«-Tweet (ein Begriff aus dem Nationalsozialismus) sogar ihre Bundestagsfraktion zu einer Reaktion. Bereits im Vorfeld brachten sich zwei Stadträte als Gegenkandidaten in Stellung: Der erst 26-jäh- rige Lehramtsstudent Michael Weickert und eben Jens Lehmann. Nur wenige Stunden vor der Wahl gab zudem der 56-jährige Godehard Kamps seine Kandidatur bekannt. Vier Kandidaten zur Auswahl: Eine Situation, die der spätere Gewinner Lehmann als »Sieg für die Demokratie« bezeichnet. Vor allem wohl aber ist sie ein Ausdruck dafür, wie sehr selbst in der Leipziger CDU der Druck für eine Abwahl Bettina Kudlas zugenommen hatte. Den ersten Wahlgang gewann noch Lehramts- student Michael Weickert (32,5 Prozent der Stimmen), der von einer Stadträtin zuvor als »politisches Naturtalent« gepriesen wurde. Knapp dahinter landete Lehmann (30,2 Prozent). Kudla erhielt hingegen nur 28,6 Prozent – und kam damit nicht in die Stichwahl, die Jens Leh- mann schließlich knapp gewann. Beim zweiten Wahlgang waren die vormaligen Unterstützer von Bettina Kudla wohl überwie- gend zu ihm übergelaufen. Als früherer DDR- Sportstar genießt er unter den älteren Leipzigern noch einige Popularität. Der Leipziger Lehmann siegte in Olympia und wurde sechsfacher Welt- meister im Bahnradfahren. Durch den Sport habe er gelernt, dass »Leistung sich lohnt«, sagt er. Ein Prinzip, mit dem er auch seine politische Agenda umschreibt. Seiner Vorgängerin steht er in den politischen Positionen recht nah. Zwar kündigt er im Gespräch mit dem kreuzer an, er wolle sich deutlich von der AfD abgrenzen, zugleich betont er aber, wie wichtig ihm eine Patriotismus-Debatte sei: »Ich bin stolz auf Deutschland«, sagte er. In seiner Rede begrüßt Lehmann einen gemeinsamen Antrag der sächsischen und der bayerischen Union zu einer deutschen Leitkultur ausdrücklich. »Leitkultur und Patriotismus sind kein rechtes Teufelszeug«, findet er. Gleich- zeitig hält er »linke Anarchisten« für uner- träglich. Neben Veränderungen in der Sportför- derung will Lehmann für Bildung und strengere Hartz-IV-Regeln (»Fordern wichtiger als För- dern«) eintreten, sich außerdem des Themas Altersarmut annehmen. Moderater äußert sich der bisherige Stadtrat hingegen zum Thema Geflüchtete. Als Erzieher habe er selbst zwei Afghanen in seiner Schul- klasse und sei mit deren Problematik vertraut, sagt er, fügt dann aber auch hinzu: »So etwas wie 2015 darf sich nicht wiederholen.« Welche Positionen er in der anstehenden Auseinander- setzung mit der AfD vertritt, wird wohl noch spannend. Lehmann ist seit 2002 CDU-Mitglied und sitzt seit 2004 im Stadtrat. 2005 trat er schon einmal als Direktkandidat zur Bundestags- wahl an – verlor damals aber gegen seinen SPD-Kontrahenten. Gegen Bettina Kudla muss er nun kein zweites Mal antreten. Die Geschasste sagt direkt nach ihrer Niederlage, sie werde nicht die Kandidatin der AfD. Allerdings schränkt sie sogleich ein: »Dinge können sich auch ändern.« Aus der Poli- tik will sich die ehemalige Leipziger Bürger- meisterin und Beigeordnete für Finanzen noch nicht verabschieden. Die AfD aber hat mit Christoph Neumann und Siegbert Droese bereits zwei eigene Kandidaten für Leipzig nominiert. Als schlechte Verliererin zeigt sich Kudla nach dem Parteitag mal wieder via Twitter: »Nomi- nierung #Bundestagswahl 2017. Statt Lösungen für die #Zukunft zu suchen wendet sich #CDU #Leipzig lieber dem #Sport zu. Jens #Lehmann.« »Peinlich und sehr bezeichnend« findet diese Reaktion der ebenfalls unterlegene Stadtrat Weickert. Er sieht in der Abwahl Kudlas ein wich- tiges Signal und einen personellen Neuanfang der Leipziger CDU. »Auch ich bin in internen Sitzungen arg mit Frau Kudla aneinandergera- ten«, sagt er. Es sind wohl nicht nur die Tweets, die den Ausgang der Wahl entschieden haben. Auf dem Parteitag wird sie mehrfach für mangelnden Kontakt zu lokalen CDU-Gremien kritisiert. »Es gab eben auch einige kritische Stimmen zu Frau Kudla wegen dem geringen Kontakt zu den Ortsvereinen«, sagt der Ehrenvorsitzende des Kreisrats, Kurt-Ulrich-Mayer. Jens Lehmann betont, einen anderen Politikstil pflegen zu wollen. Wie unbeliebt sich Kudla in der Leipziger CDU gemacht hat, zeigt sich auch an einem anderen Ergebnis. Parallel zur knappen Nominierung Lehmanns wird nur einen Saal weiter der Bundes- tagspolitiker Thomas Feist mit mehr als 90 Pro- zent für den Wahlkreis im Leipziger Süden wie- dernominiert. LUCAS GROTHE Neuer Kandidat – alte Positionen Im Bundestagswahlkreis Leipzig-Nord setzt Bettina Kudlas Nachfolger Jens Lehmann auf Patriotismus »Ich bin stolz auf Deutsch- land« Mag Leitkultur und Patriotismus: Leipziger CDU-Bundestagskandidat Jens Lehmann KONRAD LIPPERT

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