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kreuzer_12_2016

Hier, um Plakate zu machen: Illustrator Markus Färber entwirft unter seinem Pseudonym Holob Konzertplakate

030 Magazin 1216 Spiel 032 Film 034 Musik 040 Theater 050 Literatur 058 Kunst 062 Termine 084 Irgendwo in Connewitz. Ein Spaziergang durch das Viertel. An jeder Ecke hängen Plakate, die auf Konzerte in den Kneipen und Clubs der Stadt hinweisen. Das durchdesignte Tourplakat klebt dabei neben eilig zusammengeschus- terten DIY-Postern. Dabei geht es meist um die reine Ankündigung: Am Soundsovielten spielt Band XY im Club X. Fertig, aus. Ästhetik bleibt oft auf der Strecke. Ein Plakat, das für das Konzert der Band Melvins 2015 im UT Connewitz warb, machte da eine Ausnahme. Eine Frau mit Dutt, eine Zigarre im Mund, geht scheinbar schnel- len Schrittes und mit gekrümmtem Rücken. In der Hand eine Kettensäge. Das Plakat trägt im Unterschied zu anderen Plakaten eine Signatur: Holob. Wer zur Hölle ist dieser Holob? Irgendwo in Plagwitz, direkt am Karl-Heine- Kanal, ein altes Backsteingebäude, wie man es auf vielen Höfen in Leipzig entdecken kann. Markus Färber steht auf einem Stuhl und kramt in schmalen, offenen Regalen. Dort liegen ­ Plakate, genauer gesagt Siebdrucke. Es ist kalt in der Werkstatt. Drei große Räume mit Industrie­ charme bieten acht Künstlern Raum zum Arbeiten. Färber ist einer von ihnen. Mit Norwe- ger-Pulli, Brille, ausgewaschenen Jeans und wuscheligen Haaren sitzt er rauchend auf einem Sessel. Seine kleinen Augen verraten, dass er nächtelang am Computer schreibt, zeichnet und entwirft. Das ist also Holob. Angefangen hat alles in Hof, einer Kleinstadt in Oberfranken. Dort probiert sich Färber als Jugendlicher an Graffiti. »Da ist man aber so limi- tiert, das war irgendwie nicht mein Ding.« Dort entsteht das Pseudonym Holob, damals noch als Graffiti-Künstler. Kunst Leistungskurs, Stu- dium Kunstpädagogik, Studium Comic/Illustra- tion, Gaststudium auf der Burg Giebichenstein in Halle: Der Weg des 35-Jährigen ist gradlinig. »In der Schule hab ich schon gedacht: Illustrator werden, das wäre cool.« Heute hat sich Färber den Traum erfüllt: Er arbeitet als Illustrator für verschiedene Auftraggeber. Das reicht zum Überleben. Für seine Leidenschaften bleibt wenig Zeit, jedenfalls weniger, als er sich wünscht. Nebenbei ist er Comiczeichner, Musiker und eben Urheber einiger Konzertplakate, die, mit viel Liebe entworfen, die Straßen in Connewitz und anderswo in Leipzig schmücken. Holob bedient sich der Herangehensweise der Streetart: Der öffentliche Raum als Ausstel- lungsort. »Das ist so ein bisschen wie ein Tag, man will seinen Fußabdruck hinterlassen«, sagt Färber, betont aber, dass er Tags eigentlich scheiße findet. Die Plakate verfügen noch über eine andere Ebene: »Als würde man jemandem seine Lieblingsplatte vorspielen, weil das Tag ja sozusagen mit einer Band verbunden ist.« In den USA hat das Gigposter lange Tradition. Die Plakate werden als Siebdruck zu Höchst- preisen verkauft. In Deutschland ist das eher selten. Hier werden meist Poster für ganze ­ Touren gedruckt, weil sich das mehr lohnt. Für beide Seiten. Färber arbeitete oft mit Linolschnitt. Das sieht man an seinen Plakaten, die mit ihrem groben Schnitt, den expressionistisch anmutenden For- men und den geraden Linien sehr prägnant sind. Viel Geld lasse sich damit nicht machen, sagt der Illustrator, aber das sei nicht wichtig. Holob geht es nicht um das Geld (»die Deals sind superschlecht«), nicht um die Anerkennung der Bands, die das im Übrigen eh kaum interes- siert. Vielmehr will Färber der Stadt, der Szene etwas wiedergeben: »Es ist eine Art Rechtferti- gung, warum bin ich hier? Ich bin hier, um ­ Plakate zu machen. Man ist irgendwo nur richtig, wenn man dem Ort was geben kann«, philoso- phiert der 35-Jährige. Seit vier Jahren lebt Färber in Leipzig, in Hype- zig. Holob empfindet den Stempel als nicht immer förderlich: »Man darf sich hier nicht trei- ben lassen. Herziehen, billig wohnen und Kultur konsumieren. Viele sehen sich dabei als Künst- ler, obwohl sie nur konsumieren und nichts schaffen.« Leipzig wird überschwemmt von kreativen Künstlern, doch der Hype frisst seine Kinder (s. kreuzer 10/2015). Und auch vor Holob macht das Gespenst Gentrifizierung nicht Halt: Ende des Monats müssen alle raus aus dem Atelier. Das Haus wurde verkauft. Es sollen Wohnungen entstehen. Aber Holobs Fußabdruck wird blei- ben, an irgendeiner Hauswand. THILO STREUBEL Hier, um Plakate zu machen Illustrator Markus Färber entwirft unter seinem Pseudonym Holob Konzertplakate. Sein Alter Ego findet darin eine Daseinsberechtigung in Leipzig Will der Szene was zurückgeben: Holob vor seinen Plakaten. Melvins-Poster (r.) HOLOB (2)

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