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kreuzer_10_2013

Ökologie gegen Ökonomie: Der Ausbau des Elster-Saale-Kanals

018 1013 Film 038 Spiel 044 Musik 046 Theater 058 Literatur 068 Kunst 072 Termine 084 Beim Ausbau des Elster-Saale-Kanals sollten wir an die Zukunft des Leipziger Raumes denken, der durch verschiedene wirtschaftliche Standbeine abgefedert werden muss. Wir sind nicht nachhaltig-wirtschaftlich ausgestattet, so dass wir automatisch eine Prosperität für die nächsten Jahrzehnte erwarten können. Es gilt, Bürgern in einer Stadt einen attraktiven Lebens- raum zu bieten, der auch junge Menschen anzieht. Für den Ausbau der Wirtschaft brauchen wir junge Menschen in Leipzig und im Umland. Gleichwohl sollten wir die Älteren nicht aus den Augen verlieren. Im Hinblick auf die Zukunft der heute schon teilweise attraktiven Wasserstadt Leipzig und der hier wohnenden Familien halte ich das Pro- jekt für wichtig. Die Durchführung sollte natürlich im Einvernehmen mit den Anforde- rungen des Naturraumes stattfinden. Nach Anbindung des Karl-Heine-Kanals, so bin ich mir sicher, würde eine stärkere Magnetwir- kung beispielsweise für die Gastronomie entlang der Gewässer entstehen. Visionär könnte beim Durchstich zum Elster-Saale-Kanal der Einkaufs- park Nova Eventis mit dem Boot aus der Leipziger Innenstadt erreicht werden – Einkaufserlebnisse einer anderen Art in Leipzig. Der Kanutourist kann so vormittags Hand anlegen und mit dem Boot shoppen fahren, mittags in einem der zahlreichen Restaurants entlang der Flüsse ent- spannen, nachmittags in Ostdeutschlands größtem Freizeitpark Belantis Spaß haben und abends im Gewandhaus Musik genießen. Wir können uns heute mit den rund um Leipzig entstehenden Seenlandschaften und Wasser- kanälen noch nicht mit der Mecklenburgischen Seenplatte, dem Spreewald oder dem Bodensee vergleichen. In der Wahrnehmung der Nicht- Leipziger gilt es in den nächsten Jahren, diese neue Erlebnisdimension der Leipziger Region präsent zu machen. Deshalb sollten wir beim Ausbau des Elster-Saale-Kanals viel stärker inte- griert agieren und das zusammenbringen, was an einzelnen wunderbaren Aspekten hier vorhanden ist. Der Ausbau des Elster-Saale- Kanals ist eine große Chance für Leipzig und seine Umgebung. Das Projekt könnte der Schlüssel zur Erhöhung der Lebensqualität ge- paart mit der Erschließung neuer wirtschaft- lich interessanter Wachstumsoptionen sein. Dadurch kommt eine Magnetwirkung zustande, die über Leipzig hinaus ihre Kraft entwickeln kann. Hierzu gilt es aber auch, dass die beteili- gten Akteure in Stadt und Land bei der Professio- nalisierung des Regionenmarketings stärker als bisher an einem Strang ziehen. Der Elster-Saale-Kanal sollte ursprünglich Leipzig mit der Saale bei Leuna und damit mit dem Binnenschiffsverkehr verbinden. Doch 1943 wurden die Arbeiten eingestellt. Nur 11 der geplanten 19 Kilometer waren zu diesem Zeitpunkt fertig. Das noch fehlende Teilstück liegt zwar in Sachsen-Anhalt, doch die Diskussion um eine mögliche Fertigstellung bewegt auch Leipzig. Zuletzt beschloss der Stadtrat im Juli, weiterhin an einer Konzeption für den Ausbau des Kanals mitzuarbeiten. Der kreuzer lässt an dieser Stelle die wirt- schaftlichen Pro- und die vor allem ökolo- gischen Contra-Argumente aufeinander treffen. Wirtschaftsprofessor Manfred Kirchgeorg argumentiert für den Kanal, Umweltschützer Florian Wüstneck dagegen. Der Stadtratsbeschluss vom 10. Juli 2013 zum weiteren Ausbau des Elster-Saale-Kanals ist aus Sicht der Leipziger Natur- und Umwelt- schützer eine Fehlentscheidung. Das Verwal- tungsmandat, den Durchstich zur Saale in Sach- sen-Anhalt erst konzeptionell und ideell, später auch finanziell voranzutreiben, wird weitreichende negative Folgen für Leipzig und seine Gewässer haben. Der Kanal durchschneidet und tangiert im Bestand wie im Neubauab- schnitt verschiedene ausgewiesene Naturschutz- gebiete mit unterschiedlichem Schutzstatus und zum Teil sehr artenreicher Flora und Fauna. So tangiert der Verlauf des Elster-Saale-Kanals auf sächsischer Seite das Fauna-Flora-Habitat (FFH) »Bienitz und Moormergelgebiet« und das europäische Vogelschutzgebiet »Leipziger Auwald«. Die Hauptgefährdungsfaktoren bestehen vor allem im Gewässerausbau, einer verstärkten Nutzung sowie einem veränderten Flutregime. Durch Uferverbau und -befestigung werden bestehende Habitate nachhaltig beeinträchtigt oder gar zerstört. Das Ziel, verstärkte Freizeit- nutzung mittels Personenschifffahrt und Motorbootverkehr zu akquirieren, wird sich nicht nur negativ auf den Gewässerabschnitt des Elster-Saale-Kanals auswirken, sondern auch auf die Naherholungs- und Naturqualität des innerstädtischen Leipziger Gewässernetzes, die schon jetzt ihre Belastungsgrenze erreicht hat. Das veränderte Flutregime, welches sich bei einer Durchgängigkeit des Fließgewässers ein- stellen wird, kann zu Grundwasserabsenkungen und Entwässerungen in den angrenzenden Habitaten führen. Dabei unterliegen die genann- ten Schutzgebiete einem strikten Verschlechte- rungsverbot. Durch eine verstärkte Zunahme der Nutzung und eine Beeinträchtigung der Lebensraumausstattung könnten zahlreiche Tierarten, wie etwa Eisvogel, Fischotter, Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling und der Wachtelkönig, beeinträchtigt werden. Das geplante Prestigeprojekt kostet mehrere hundert Millionen Euro Steuergelder, welche durch Nutzungsgebühren nie erwirtschaftet werden können. Daher bleibt zu hoffen, dass sich die sachsen-anhaltinischen Kommunen für eine sinnvollere Verwendungsmöglichkeit ihrer Steuergelder und ihres Verwaltungsper- sonals entscheiden und den Kanalausbau von sich aus ad acta legen. So könnte beispielsweise in den ökologischen Hochwasserschutz inve- stiert werden – eine weit wichtigere Aufgabe. Politik Attraktive Verbindungen werden möglich Der Ausbau des Elster-Saale-Kanals beschäftigt Leipzig seit 70 Jahren. Nun soll er vollendet werden: ein Pro und Contra Pro Ökologie gegen Ökonomie Contra Ausbau naturschutzfachlich wie touristisch nicht erstrebenswert GASTAUTOR FLORIAN WÜSTNECK IST MITGLIED IM LEIPZIGER UMWELTBUND ÖKOLÖWE MANFRED KIRCHGEORG IST PROFESSOR FÜR MARKE- TINGMANAGEMENT AN DER HHL LEIPZIG GRADUATE SCHOOL OF MANAGEMENT MICHAELBADER PRIVAT

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