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kreuzer_10_2013

Beulen, Pest, Performances: Zwei Performance-Festivals, Die Menschenfresserhexe in der Friedenskirche: Figurentheaterfestival Globus

064 Theater 1013 Film 038 Spiel 044 Musik 046 Literatur 068 Kunst 072 Termine 084 Die Erde ist eine Scheibe und dreht sich rasend schnell. Wie die Welt permanent unter- wegs ist, so unstet ist das Theater im Globus. Und das ist positiv gemeint: Mit zwei Standbeinen in Berlin und Leipzig verankert, ist das Figuren- theater permanent in der Republik und darüber hinaus unterwegs, um sein dankbares Publikum auf Gastspielreise zu finden. Gegründet wurde die Bühne 1991 und hat sich auf Figuren- und Objekttheater in offener Spiel- weise spezialisiert. Um dem pro- fessionellen Figurenspiel einen temporär festen Ort zu geben, riefen die Macher von Theater im Globus ein jährlich wiederkeh- rendes Festival für dieses Medium ins Leben – und gaben ihm den naheliegenden Namen »Globus«. Gastspieler wurden eingeladen und eigene Pro- gramme gezeigt. Das erste fand ganz ohne öffentliche Förderung 1992 in der Moritzbastei statt. Befreundete Künstler traten für winzige Gagen auf. Im Jahr darauf kam man bereits auf knapp 20 Vorstellungen an drei Ver- anstaltungsorten. Im Oktober ist Ausgabe 22 zu erleben, die ganz dem Grimm’schen Märchen gewidmet ist. Es wird also familiär, reine Erwachseneninszenie- rungen stehen in diesem Jahr nicht auf dem Programmzettel. Das Festival fällt etwas kleiner aus als in früheren Jahren – was wiederum auch der Situation geschuldet ist, dass das The- ater im Globus ganz ohne öffentliche Förde- rung agiert. Dafür kann man seiner Spielweise intensiv beiwohnen, alle Märchenstücke stam- men von den Globusspielern selbst. Dem Prinzip der vielen Spielorte ist man indes treu geblieben. Man will auf das Publikum zugehen, weshalb die 15 Veranstaltungsräume weit gestreut sind. Sie befinden sich in diversen Leipziger Quartieren und zum Teil außerhalb der Stadt. So flitzen Hase und Igel in der Musikschule Neue Musik um die Wette und der Wolf verspeist die sieben Geißlein in der Jugendkulturwerkstatt JoJo. Die Pfeffer- kuchenhaushexe menschenfressert in der Friedenskirche Gohlis – fröhlich dreht »Globus 2013« das Märchenkarussell. Und wenn sie nicht gestorben sind, ist die Erde eine Scheibe. TOBIAS PRÜWER ▶ »Globus 13«: 11.–30.10., verschiedene Zeiten u. Orte, www.theatreart.de Die Ergebnisse der Philosophie sind die Ent- deckung irgendeines schlichten Unsinns und Beulen, die sich der Verstand beim Anrennen an die Grenze der Sprache geholt hat.« Für den Sprachphilosophen Ludwig Wittgenstein besteht die philosophische Praxis wesentlich darin, die Weise, wie wir die Welt sprachlich strukturieren und in welche Bilder wir sie fassen, mit genauem Blick zu untersuchen. Etwaige Missverständnisse – besagte Beulen – in der Welt-Anschauung gilt es zu desillusionie- ren. Dabei hilft den Philosophen oft Spezial- vokabular, mit dem sie ihr Wissen aber nur im engen Zirkel teilen können. Will man sich nicht abschotten, sondern im besten Sinne das Projekt Aufklärung fortset- zen, muss man sich dem Vermittlungsproblem aussetzen: Wie kann man philosophische Fragen stellen und Einsichten verbreiten, ohne gleich reißerisch zuspitzen zu müssen? Zum dritten Mal nun ergründet das Festival »Sound- check Philosophie« genau dies. An vier Tagen loten Philosophen und Performer insbesondere theatrale Vermittlungsformen in Halle aus. Mehrere Lecture Performances werden die Bühne als Labor des Denkens erproben. In einem Café der toten Philosophen treten Marx gegen Nietzsche, Hobbes gegen Kant an und ringen um die richtige Definition des Menschen. Im Philosophie-Slam schließlich batteln sich die Performer in den Kategorien Inhalt und Form in der Frage: »Ich? Denkbewegungen um einen Begriff«. Dieser könnte auch das Motto des Performance- Festivals »Blauverschiebung« in der Galerie KUB sein. Denn mehrfach widmet es sich dem Thema Identität. Zum sechsten Mal werden analog zum durch Planetenbewegungen er- zeugten Effekt verschiedene Aktionen die Interaktion von Mensch und Umfeld betrachten. Um Geburt, Tod, Existenz kreist der ägyptische Künstler Omar Ghayatt. Seine Arbeit »Wenn ich nicht Ägypter wäre, …« spielt mit Fiktion, Realität, Identität. Ob man mehrfach in densel- ben Fluss des Lebens steigen kann, fragt der Schwede Gustaf Broms. Andere internationale Gäste kommen aus Finnland und der Tschechi- schen Republik, aus dem Irak und Israel. High Performance – dumm an der ganzen Performance-Sache ist: Beides findet parallel statt. Nun müssen sich alle Infizierten für eines entscheiden – gewiss keine Wahl zwischen Pest und Cholera. TOBIAS PRÜWER ▶ »Soundcheck Philosophie«: 24.–27.10., wechselnde Orte, Halle, www.soundcheckphilosophie.wordpress.com ▶ »Blauverschiebung«: 24.–27.10., Galerie KUB, www.galeriekub.de Das Figurentheaterfestival »Globus« hat sich anno 2013 grimmig auf Märchen konzentriert Nicht mit dem Kopf durch die Wand: Zwei Performance-Festivals erkunden Wege der Aufklärung Die Menschenfresserhexe in der Friedenskirche Beulen, Pest, Performances JOSTBRAUN/THEATERIMGLOBUS Philosophie mit der Sturmhaube: »Corpus Delicti – Denken, ein Ort des Verbrechens« (2012) Freies Spiel auf drehender Scheibe: »Globus 13« bittet zu Grimm & Grimm CHRISTIANHERZOG

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