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kreuzer_10_2013

Mit dem Rücken zur Wand: Hilfe zur Selbsthilfe für ungarische Roma

019 Politik1013 Termine 084 Kunst 072 Literatur 068 Theater 058 Musik 046 Spiel 044 Film 038 Es geht hier nicht einfach nur darum, Spenden für arme Menschen zu sammeln«, sagt Richard Gauch von der Bürgerinitiative Leipzig Korrektiv nachdrücklich, »sondern darum, denen zu helfen, die systematisch ausgeschlos- sen und unterdrückt werden.« Diese Unter- scheidung ist ihm wichtig, wenn er über das Hilfsprojekt für ungarische Roma spricht, für dessen finanzielle Unterstützung er wirbt. In der Tat ist die Minderheit der Roma gerade im wirtschaftlich schwachen Norden Ungarns in einer doppelt schwierigen Situation: Denn zu Arbeitslosigkeit und Armut in der Region kommen der tief in der ungarischen Mehr- heitsgesellschaft verwurzelte Antiziganismus und oft auch Schikanen der lokalen Behörden. Dies macht es ihnen nahezu unmöglich, sich aus eigener Kraft aus ihrer Situation zu befreien. Das Projekt, das die Leipziger unterstützen, soll die Roma im nordungarischen Dorf Kálló in die Lage versetzen, sich zumindest mit dem Allernötigsten selbst zu versorgen. So soll etwa eine Maschine für die Herstellung von Biobri- ketts angeschafft werden, die Altpapier und Laub zu Heizmaterial presst. Außerdem bekom- men die Bewohner kostenlos Gemüsesamen, zeitgleich werden ihnen Hilfestellungen zur Pflanzenzucht und Kleintierhaltung gegeben. Auch Nachhilfe für die Kinder und Englisch- unterricht sind Teil des Projektes, das vor Ort von der ungarischen NGO Bürgerrechtsbewegung für eine Republik betreut wird. Finanziert wird das Ganze zu 90 Prozent aus den Fördermitteln eines Schweizer NGO-Fonds. Um aber diese Mittel abzurufen, muss ein Eigenanteil in Höhe von 3.000 Euro geleistet werden. Dafür sam- meln die Leipziger. Gegründet hatte sich Leipzig Korrektiv aller- dings aus einem ganz anderen Grund: Vor genau einem Jahr hatte die Stadt Zoltán Balog, den ungarischen Minister für Humanressourcen in der nationalkonservativen Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orbán, als Ehrengast zum Leipziger Lichtfest eingeladen. Die Regie- rung Orbán hatte seit ihrem Amtsantritt 2010 massiven Demokratieabbau betrieben, daher fanden die Mitglieder der neu gegründeten Bür- gerinitiative Balogs Einladung zu einem Fest für die Demokratie reichlich unpassend und forderten, ihn wieder auszuladen (s. kreuzer 10/2012). Balog kam trotzdem, doch das politische Inte- resse für Ungarn war geweckt und erste Kon- takte waren geknüpft, etwa zu dem Schriftsteller und Träger des Leipziger Buchpreises György Dalos, der die Initiative tatkräftig unterstützt. Deshalb entschloss man sich, die Empörung über die politischen Zustände in Ungarn mit Fakten zu unterfüttern. Zwei der drei Mitglieder fuhren einen Monat lang in das Land, besuchten zahlreiche Projekte und trafen Aktivisten – unter anderem in Kálló – und waren schockiert über die Lebensumstände der Roma auf dem Land: »Das war für mich das erste Mal, dass ich in einem Slum war«, sagt Stephan Bosch, neben Gauch der zweite Mitreisende. Bosch macht sich keine Illusionen darüber, was ein solches Projekt bewirken kann: »Subsistenz- wirtschaft ist kein Ideal, sondern Notwehr. Die Leute stehen mit dem Rücken zur Wand und müssen sehen, wie sie sich selber helfen können, weil ihnen alle andere Hilfe verwehrt wird.« So kann die akute Not etwas gelindert werden, von echter Teilhabe oder Integration sind die ungarischen Roma noch weit entfernt. Für jene Integration zuständiger Minister der Regierung Orbán ist übrigens: Zoltán Balog. THYRA VEYDER-MALBERG ▶ www.not-illegal.vereine-leipzig.org/index.php/ buergerinitiative-leipzig-korrektiv.html designersopen.de Ort Glashalle Leipziger Messe Ideen präsentieren. Entdecken, Kontakte knüpfen, sich inspirieren lassen. In Leipzig treffen sie aufeinander: Professionals, Newcomer, Händler, Medienvertreter und ein designinteressiertes Publikum. Seien Sie dabei! OKT 2013 24 DO/Conference 25 26 27 DO/ Market DO/ Fashion DO/ Industry smart technology new design ANZEIGE Die Roma in Kálló leben in prekären Verhältnissen Leipzig Korrektiv sammelt Geld, damit sich ungarische Roma selbst helfen können Mit dem Rücken zur Wand INITIATIVE»LEIPZIGKORREKTIV«(3)

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