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kreuzer_10_2013

Buch der Wandlungen: Fotoband von Leo Erken

Kunst1013 Nur der Wandel ist von Dauer: Das kann man als Quintessenz von Leo Erkens Fotoar- beiten auffassen, die in 14 Jahren auf Streifzügen durch Osteuropa entstanden. Fast ein Jahrzehnt lang ließ Erken seine Fotos im Archiv ruhen, um dann mit der Distanz der Zeit die für ihn wich- tigsten auszuwählen und nun zu publizieren. »Uliza/Straße« lautet der lakonische Titel. Er liest sich unprätentiös und passt gut – sind Straßen doch Orte, an denen Menschen sich treffen. Wege und Pfade sind die, die soziale Räume erst bilden, aber auch zerschneiden. Allein das macht sie zu besonderen Alltagsräumen. In diesen war Erken mit der Kamera unterwegs, fing in seinen Motiven statt einer Totale oft Fluchtlinien und Seitenblicke auf tägliches (Über-) Leben in Schwarz-Weiß und seltener in Farbe ein. Ob Straßenkinder in postsozialistischen Metropolen oder die Eröffnung einer russischen McDonald’s-Filiale, Kriegsgeschehen in Tschet- schenien und im zerbrechenden Jugoslawien: Erken zeigt Schlaglichter auf eine Zeit großer Veränderungen, wobei die Kontextualisierung der Fotos durch ausführliche Bildunterschriften erleichtert wird. Ab und an hat Erken den Blick auch auf die Mächtigen gerichtet. Ihre Porträts scheinen sorgen- bis hilflose Menschen zu zeigen. Ikonen sehen anders aus. Bei dem niederländischen Fotojournalisten, der sich seit den späten neunziger Jahren ver- mehrt dem Dokumentarfilm widmet und auch Dozent an der Kunstakademie in Den Haag ist, mischt sich Dokumentarisches mit ästhetisch interessierten Perspektiven. Während eines Papstbesuches in Polen recken sich aberdutzend Hände in die Luft – zum Gruß, um die Aura zu berühren? Im Vordergrund zeichnet sich der Schatten eines Armes ab, der zur gespensti- schen Geste wird. Ragt hier Vergangenes oder Kommendes ins Bild? Auf dem Monsters of Rock-Festival sind weder die auftretende Band Metallica noch die riesige Bühne im Fokus, sondern ein in inniger Umarmung versunkenes Pärchen, Besucher und Ordnungshüter. Auch eine Leipziger Aufnahme hat es ins Fotobuch geschafft: eine Demonstration gegen Arbeits- losigkeit von 1991. Menschen mit verbitterten Gesichtern stehen auf dem Augustusplatz. Es hätte auch eine Anti-Hartz-IV-Demo sein können – wäre da nicht die Bekleidung der Protestler. Manchmal wird gesellschaftlicher Wandel doch von jenem der Moden überholt. TOBIAS PRÜWER ▶ Leo Erken: Uliza/Straße. Osteuropa und die ehemalige Sowjetunion 1987–2003. Stralsund u. Amsterdam: weiw-Verlag 2013. 256 S., 34,50 € Buch der Wandlungen Leo Erken nimmt uns mit einem Fotoband mit in eine untergegangene Zeit ANZEIGE Internationale Gruppenausstellung 21. september — 17. november 2013 HALLe 14 Zentrum für zeitgenössische Kunst baumwollspinnerei Leipzig www.halle14.org mit umfangreichem veranstaltungsprogramm und Kunstvermittlungsprogramm | Rezension | Strategische Komplizenschaft: Ein gut funkti- onierendes Netzwerk ist nicht nur von Vorteil, wenn man kurzfristig einen Computerfreak oder Umzugshelfer sucht – auch Künstler und Kuratoren greifen auf Netzwerke zurück und machen sie teilweise bewusst zum Zentrum ihrer Arbeit. Unter dem Titel »Zusammenhän- gen« thematisiert eine Tagung in der Galerie für Zeitgenössische Kunst Verbindungen im Kura- torischen. Die ehemalige Direktorin Barbara Steiner wird über strategische Komplizenschaft sprechen und kleinere Arbeitsgruppen wer- den ihre Ergebnisse zu Netzwerken als Form der Selbstorganisation präsentieren. 25.10., ab 14 Uhr +++ Kritische Revision: 2014 wird das 400. Todesjahr von El Greco mit großen Aus- stellungen in Madrid und Toledo begangen. Der um 1541 geborene Maler gilt als Begründer der sogenannten »Spanischen Schule«. Picasso und auch die deutschen Expressionisten inter- pretierten ihn als einen der Väter der Avantgarde neu. Eine Tagung des Instituts für Kunstge- schichte der Universität Leipzig will die Stellung El Grecos im Kontext der spanischen Malerei neu bestimmen und den Begriff der »Spanischen Schule« als kunsthistorische Kategorie hinter- fragen. 10.–12.10., Dittrichring 18–20, Wünsch- manns Hof, 5. Etage +++ Neue Kunstform: Das Symposium »SeitenAnsichten« nimmt Magazine als aufstrebendes Medium der künstlerischen Fotografie in den Fokus. Auf Einladung des Zentrums für zeitgenössische Fotografie Leipzig, Veranstalter des Festivals f/stop, treffen nationale wie internationale Herausgeber aus Amsterdam, Düsseldorf, Berlin und London auf Kunstwissenschaftler wie den Leipziger Fototheoretiker Friedrich Tietjen. Das Symposium wendet sich bewusst auch an Fotointeressierte und will Alleinstellungs- merkmale und Konzepte des Magazinfor- mates herausarbeiten. 19.10., 10–19 Uhr, Galerie für Zeitgenössische Kunst. SAL Drei Kurze Im Jahr 1991: Arbeitslosenprotest auf dem Augustusplatz WEIWVERLAG(2)

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