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kreuzer_10_2013

Spiel des Monats: Grand Theft Auto V, Der Bitprofessor: 0 Schiffchen

Spiel 1013 044 Film 038 Musik 046 Theater 058 Literatur 068 Kunst 072 Termine 084 Wertungen gehören zur Computerspielre- zension wie der Zeiger zur Maus. Es ist eine der eigenartigen Regeln des Spieljournalismus, dass eine Wertung, gern in Prozentpunkten, die Spiele in ihrer Masse vergleichbar macht. Auch auf der kreuzer-Spielseite vergaben wir Zensuren in Form von Schiffchen – doch diese sind ab sofort abgeschafft. Ich weiß nicht so genau, warum wir sie damals überhaupt eingeführt haben. Wahrscheinlich hatte es etwas mit Service und Orientierung zu tun und damit, den Leser in die Seite hineinzuziehen, also zum Lesen zu bringen. Vielleicht – so dachten wir wohl – würden Sie da draußen mit dem Heft in den Hän- den denken: Oh, das neue GTA hat im kreuzer bloß 1 Schiffchen bekommen, da lese ich die Besprechung doch glatt mal. Aber damit ist es jetzt vorbei. Nicht mit dem Lesen, sondern mit den Schiffchen. Man sollte es grundsätzlich nicht so ernst nehmen mit den Bewertungen nach Skala, im Spieljournalismus so wenig wie im echten Leben. Wer will schon in kreuzer-Schiff- chen beurteilt werden? Und ist es nicht eigenar- tig, dass wir diese Bewertungen bei Spiel- und Filmrezensionen, bei Plattenbesprechungen suchen – und bei der Rezension eines Theater- stückes oder eines Buches nicht vermissen? Beim Spiel ist es noch relativ einfach erklärbar: Das Ganze kommt aus der Zeit, als Spiele nicht rezen- siert, sondern »getestet« wurden. Diese Eigen- artigkeit erklärt sich wohl mit dem Ursprung des Spieljournalismus in Verlagen, die IT-Fach- blätter vertrieben, und dem hohen Grad an Technologie, der zur Produktion von Computer- spielen nötig ist. Irgendwie war es ja auch ganz witzig, damals die legendäre Gesichtswertung von PC Joker, als die Güte des Spielproduktes mit dem Grad der Grimassierung des jeweiligen Autors dargestellt wurde. Wir schaffen die Wertung jedenfalls ab, in der Hoffnung – und jetzt kommts –, dass die Leserinnen und Leser endlich mal die Texte lesen (wie es ihre Pflicht ist) und nicht immer nur auf die Schiffchen schielen. Schiffe versenken spielend, Ihr ANDREAS RAABE 0 Schiffchen Der Bitprof schafft die Zensuren ab. Warum er das tut? Weil er es kann Der Bitprofessor Spätestens seit dem letzten Teil der Serie, der in Liberty City – einem Klon der Stadt New York – spielte, war klar: Irgendwas machen sie anders als die anderen, die Jungs und Mädels von Rockstar North, wo die GTA-Spiele entstehen. Nun, im neuesten Teil, hat man sich Los Angeles zum Vorbild genommen, um die große Stadt- und Gangstersimulation in die nächste Runde zu schicken. In Los Santos werden wieder Geschich- ten über das Verbrechen erzählt und darüber, warum die Dinge am Ende immer dicker kom- men, als man denkt. Es wird eine Jungs-Welt entworfen, in der es neben der Faszination für Autos, Geschwindigkeit, Waffen, Geballer, Chaos, Musik, Fernsehen, Macht, Coolness und Verbrechen auch immer um eine Simulation von Freiheit geht; der Freiheit, tun und lassen zu können, was man will. Das muss gar nicht zwangsläufig etwas mit Gewalt zu tun haben, es reicht schon, das Autoradio aufzudrehen und durch die Stadt zu cruisen oder die Spielwelt per BMX-Fahrrad zu erstrampeln. Man kann sogar Golf spielen oder mit der Seilbahn auf einen Berg fahren und verträumt auf die Landschaft schauen. Am Ende kommt man jedoch nicht herum um das Geschieße und die Raserei – zu- mindest, wenn man die Geschichte des Spiels erleben will. Ähnlich revolutionär wie der Einsatz von Grafik und spielerischer Freiheit war in den GTA- Spielen immer die Technik des Geschichten erzählens. Sie scheint – noch viel stärker als die Grafiktechnologie – mit der Zeit zu gehen. Denn während der letzte Teil, GTA 4, erschienen vor immerhin sechs Jahren, noch einen großen Kino- film erzählen wollte, orientiert sich die Erzähl- weise des Nachfolgers eher an der Dramaturgie von Fernsehserien. Diese haben in den letzten zehn Jahren einen erstaunlichen Aufschwung erfahren. Inzwischen übersteigt das Budget der Blockbuster-Serien, zum Beispiel »Game of Thrones«, locker jenes aktueller Kinofilme, aus erzählerischer Sicht bieten sie ganz andere Möglichkeiten als Filme. Serien sind eben nicht nach zwei Stunden vorbei, sondern werden in mehreren Staffeln erzählt. Was den Einsatz von Zeit angeht, liegt das Seriengenre dem des Spiels also deutlich näher, auch die großen Spiele spannen einen Bogen über zwanzig oder dreißig Stunden. Man kann in dieser Zeit verschiedene Geschichten mit mehreren Prota- gonisten erzählen und immer wieder zwischen den Schauplätzen hin und her springen. Eben dies hat Rockstar erkannt und umgesetzt. Erzählt werden diesmal die Geschichten von drei Männern: Franklin, Trevor und Michael. Bis es einen weiblichen Protagonisten gibt, müs- sen wohl noch weitere sechs Jahre ins Land gehen. Alle drei sind auf ihre Weise am Arsch, bei Trevor, einem psychotischen Säufer, einem komplett Irren aus den Trailerparks von Los Santos, ist es wohl am schlimmsten. Er ist sicher- lich der widerlichste Charakter der gesamten GTA-Reihe, und das will was heißen. Wie sich die Geschichten von Franklin, Michael und Trevor verweben und wie sie immer tiefer in die ver- rückte Welt von Los Santos gezogen werden, das erlebt man am besten selbst zu Hause vor dem Bildschirm. Denn GTA war auch immer ein Spiel, das den Geist des Mediums konsequent umgesetzt hat: Es ist ein Mitmachding, das Video- spiel. Übrigens: GTA 5 ist ab 18 Jahren freige- geben. Das hat Gründe, gute Gründe. ANDREAS RAABE Nach sechs Jahren Wartezeit gibt es eine neue GTA-Episode: »Grand Theft Auto V« nutzt die Erzähldramaturgie von Fernsehserien Spiel des Monats Grand Theft Auto V Freiheit in Serie

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