Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

kreuzer_10_2013

032 Magazin 1013 Film 038 Spiel 044 Musik 046 Theater 058 Literatur 068 Kunst 072 Termine 084 großen Bühne später nicht aus. Jahr eins soll erst mal Vertrauen schaffen, Leute zurückge- winnen, die zuletzt nicht mehr ins Schauspiel- haus gekommen sind. kreuzer: Wie wägen Sie ab zwischen den Ansprü- chen, den Saal zu füllen, und Gewagtes zu tun? LÜBBE: Beides muss sein. Da will ich keine Wertung vornehmen. Natürlich hat eine Produk- tion auf der großen Bühne von den Zuschauer- zahlen her eine andere Dimension als die Dis- kothek für 70 Zuschauer. Aber das ist für die Produktion erst mal zweitrangig, sondern da geht es um die Inhalte und das Künstlerische. Aber man braucht ja nicht ohne Grund eine klei- nere Spielstätte, um etwas auszuprobieren. Deshalb gibt es auch die Überlegungen zum Umbau der Diskothek als Zweitspielstätte. kreuzer: Der ist noch nicht vom Stadtrat durch- gewinkt? LÜBBE: Genau, der Stadtrat muss im Herbst ent- scheiden, ob er die circa fünf Millionen Euro dafür genehmigt. kreuzer: Wie lange dauert der Umbau des ehe- maligen Schauhauses? Wird währenddessen die Skala zur Probebühne, wie im Juni angekündigt? LÜBBE: Genau. Und die derzeitige Probebühne im Haus soll als kleine Interimsspielstätte genutzt werden. Im Herbst 2016 würde die neue Spiel- stätte Diskothek eröffnet. Dort muss aber erst mal die Decke raus, die Säulen müssen raus und dann müsste eine neue Stahlkonstruktion rein, weil es ein großer Saal werden soll mit maximal 199 Plätzen. Es wäre eine Spielstätte im Haus, kürzere Wege. Die neue Spielstätte könnten wir multifunktional bestuhlen, haben mal eine Raumbühne, mal eine normale Vierte-Wand- Bespielung und mal gar keine. Es spricht sehr viel dafür, gerade langfristig gedacht. Zumal die Sanierung der Skala so teuer wäre, dass sich das nicht rentiert. kreuzer: Alle Etaterhöhungen sind in letzter Zeit in die Tarife geflossen, das künstlerische Budget stagniert. Wie geht man mit so einer Situation um? LÜBBE: Da muss ich die Stadt in Schutz nehmen. Die Tariferhöhungen macht ja nicht mal mehr jede Stadt mit. Da geht es Leipzig in der Hinsicht noch gut. In Chemnitz ist die Not größer. Aber auch in vielen westdeutschen Städten tragen die Kommunen die Tariferhöhungen nicht. Dass das Geld immer zu wenig ist, wissen wir, aber ich will nicht jammern. Ich fände das auch unverhältnismäßig, da ich weiß, dass es andere Theater gibt, die mit viel weniger Geld klarkom- men müssen. Schauen Sie nur nach Sachsen- Anhalt. Ich fühle mich nicht im Paradies, aber im Verhältnis geht es uns ganz gut. kreuzer: Ist die Kooperation mit dem Gewandhaus bei der »Dreigroschenoper« eine Alternative zum Opernball? LÜBBE: Nein, die Produktion ist zwar deutlich teurer als andere und hat daher höhere Eintritts- preise. Aber die Kooperation ist entstanden, da es einige Institutionen gibt, die in der Stadt und für die Stadt wichtig sind, wie zum Beispiel das Gewandhaus oder der Zoo. Mit diesen Koo- perationen, also der engeren Zusammenarbeit zwischen den städtischen Eigenbetrieben, haben wir schon einem Vorschlag vorgegriffen, der in den letzten Monaten auch immer wieder in den Actori-Runden auftaucht. kreuzer: Sind die Gespräche zum Actori-Gutachten schon weitergekommen? LÜBBE: Wie die Entscheidung vom Stadtrat im Herbst ausfallen wird, weiß keiner von uns. Das ist auch für die Leiter der verschiedenen Häuser nicht einfach. Letztlich muss und wird es da eine politische Entscheidung geben. Man kann nur spekulieren, aber ich hoffe, es bleibt bei den Eigenbetrieben. kreuzer: Verbünden Sie sich da mit den anderen Eigenbetrieben? LÜBBE: Andreas Schulz, Ulf Schirmer und ich treffen uns regelmäßig schon seit einem Drei- vierteljahr. Da spielt sich keiner gegeneinander aus. Aber letztlich sind uns die Hände gebun- den, weil wir alle in einem Dienstverhältnis zur Stadt stehen. kreuzer: Wie ist Ihr Verhältnis zum Kulturausschuss, der maßgeblich vorentscheidet? LÜBBE: Gut. Ich musste mich damals auch beim Betriebsausschuss Kulturstätten vorstellen. Wenn es Themen das Schauspiel Leipzig betref- fend gibt, bin ich dort auch eingeladen. kreuzer: Ein Intendant verbringt viel Zeit in seinem Theater, haben Sie noch einen Lieblingsort in Leipzig? LÜBBE: Viele. Aber ich bin ehrlich, ich bin nach Markkleeberg gezogen und bin momentan einfach froh, wenn ich mal zu Hause bin und überhaupt schlafen darf. Wenn mich mein zweieinhalbjähriger Sohn denn schlafen lässt. kreuzer: Mit welchen Erwartungen begegnete man Ihnen hier im Haus? LÜBBE: Ich wurde sehr positiv und mit großer Vorfreude empfangen. Und man merkt, wie sich die Leute freuen, dass es jetzt losgeht. Neu- lich kam eine Kassenfrau zu mir und sagte: »Ich habe heute drei Abos verkauft.« Das hat mich glücklich gemacht, wie sie sich gefreut hat. kreuzer: Wie wichtig ist Ihnen das Musikprogramm? LÜBBE: Die Konzertschiene war eins der erfolg- reichsten Programmformate der letzten Jahre. Tobias Schurig, der ja hier am Haus war, führt sie für uns weiter. Er ist in der freien Szene sehr umtriebig. Gerade aus dieser Diskussion mit der freien Szene heraus – »ihr macht hier die dicken Konzerte und für uns bleibt nichts übrig« – habe ich gesagt, wenn du drinsteckst, kannst du doch vermitteln, moderieren, Ver- knüpfungen schaffen. So im Schnitt zweimal im Monat wird es Konzerte geben, auf der großen Bühne, auf der Hinterbühne, auf der Baustelle. kreuzer: Wie lange bleiben Sie in Leipzig? LÜBBE: Am Schauspiel Leipzig habe ich einen Fünfjahresvertrag. kreuzer: Und danach? LÜBBE: Das werden wir sehen. Auch für mich ist das Ganze ein Versuch, eine Probe. Intendant war ich bisher noch nicht. Auch das muss man lernen. kreuzer: Was wäre für Sie ein Punkt, an dem Sie nicht weitermachen würden? LÜBBE: So weit kann ich noch nicht denken. Das würde ich dann beantworten, wenn er da ist. kreuzer: Also doch gekommen, um zu bleiben? LÜBBE: Dass ich die Stadt sehr mag und es hier auch ganz viele private Bindungen in die Stadt gibt, das zieht einen schon sehr hierhin. Wenn ich abends mit dem Fahrrad über die Karli fahre, denke ich, was momentan in Leipzig los ist, ist unglaublich. Es ist eine ganz tolle Stadt. Ich war in Frankfurt, in Wien und Berlin … und da sticht Leipzig hervor. (lange Pause) Sonst noch Fragen? Rainald Grebe? kreuzer: Nö. LÜBBE: Ich habe ihn angefragt. Wenn er will, kann er gerne wiederkommen. kreuzer: Die Sitze sind wieder im Saal? LÜBBE: Ja. Wollen Sie sie sehen? INTERVIEW: TORBEN IBS, TOBIAS PRÜWER, ANDREAS RAABE Der gebürtige Schweriner Enrico Lübbe, Jahrgang 1975, studierte Theaterwissenschaft in Leipzig. Von 1998–99 war er Regieassis- tent am Schauspiel Leipzig, dann bis 2004 fester Hausregisseur. Als freier Regisseur arbeitete Enrico Lübbe unter anderem in Köln, Magdeburg, Stuttgart und München. Mit »Geschichten aus dem Wiener Wald« am Berliner Ensemble wurde er zu den Ruhr- festspielen 2013 eingeladen. Von 2008 bis 2013 war Enrico Lübbe Schauspieldirektor an den Theatern Chemnitz. Gebürtigen DDR- Bürgern ist sein Gesicht nicht unbekannt: Als Elfjähriger spielte er in der Fernsehserie »Alfons Zitterbacke« die Titelrolle. Biografie Inszenierte schon vor zehn Jahren in der Stadt: Enrico Lübbe als fester Hausregisseur am Schauspiel Leipzig im Jahr 2003 BERTHÄHNE/STADTMAGAZINBLITZ

Pages