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kreuzer_10_2013

024 Titel 1013 Film 038 Spiel 044 Musik 046 Theater 058 Literatur 068 Kunst 072 Termine 084 Ganz im Südosten des Stadtgebiets, zwischen Liebertwolkwitz und Seifertshain, erhebt sich mit 159 Metern ein dicht bewachsener Hügel, der sogenannte Kolmberg. In den ersten Tagen der Völkerschlacht dient seine – damals noch unbewaldete – stark umkämpfte warzenför- mige Kuppe wechselweise napoleonischen und verbündeten Truppen als bedeutsamer Feuer- punkt, von dem aus sich mit Artilleriegeschütz die umliegenden Ebenen »bestreichen« lassen (wie der militärische Jargon der Zeit den Kugel- und Granatenhagel als eine Art Landschafts- massage beschreibt). Seit 1856 soll ein, auch hier vom »Verein zur Feier des 19. Oktober« errichte- ter Gedenkstein an seine strategische Bedeutung für die Schlacht um Leipzig erinnern. Folglich gedenkt die militärisch sachliche Aufschrift – »Stätte des Kampfes zwischen Klenau und Macdonald« – auch nur eines Duells zweier Strategen. Denk- und gedenkwürdig ist aber anderes an diesem Ort. Dass die Schlacht auch ganz anders hätte aus- gehen können – nämlich siegreich für Napo- leon; und das kaum, dass sie begonnen hatte –, zeigen die Aufzeichnungen desselben Baron de Marbot, der am letzten Tag der Schlacht – nach der Brückensprengung – das Schlimmste noch abwenden soll und dabei ohnmächtig vor Zorn zu den schlimmsten Mitteln greift. Drei Tage vorher jedoch, am frühen Morgen des 16. Okto- ber, entscheidet ein kleines Missgeschick – und nicht etwa eine strategische Meisterleistung – über den weiteren Lauf der Dinge. Darüber zu spekulieren, in welchen Bahnen sich die Schlacht entwickelt hätte, wenn dieser Morgen anders verlaufen wäre, ist müßig. Fest steht allerdings: Es kann einem schnell darüber schwindlig werden. Und Europa wäre vielleicht ein anderes Europa geworden. Doch was ist geschehen – oder besser: nicht geschehen? Marbot, Colonel des 23. Chasseurs- à-cheval-Regiments (»Jäger zu Pferde«, leichte Kavallerie), berichtet, dass ihm in der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober der Befehl zuteil wird, den Kolmberg, der im Südosten bis zum 17. Oktober die französische Front markiert, bis zum Tagesanbruch gegenüber möglichen feind- lichen Unternehmungen zu sichern. Das ist eine heikle Mission, da sich die Truppen unter Marschall Macdonald, dem auch Marbot unter- stellt ist, mit Ausnahme von mehreren hundert Reitern sämtlich nach Liebertwolkwitz zurück- gezogen haben und Marbot Gefahr läuft, durch einen nächtlichen Überraschungsangriff umgangen und von den restlichen Truppen abgeschnitten zu werden. Da ein klarer Sternen- himmel die blanke Kuppe des Kolmbergs beleuchtet, hält Marbot seine Reiter an, sich am Fuß der Anhöhe im Schatten der Kuppe auf- zustellen und aufmerksam die sie umgebende Stille zu beobachten. Die ganze Nacht über bleibt es ruhig. Doch kurz vor Tagesanbruch erscheinen plötzlich drei Reiter auf dem Kolm- berg, deren Umrisse Marbot und seine Männer deutlich erkennen und die sie zudem bestens verstehen können, denn sie unterhalten sich auf Französisch – einer mit russischem, die anderen beiden mit deutschem Akzent. Sie hören, wie der Erste, offenbar der Vorgesetzte, einem der Letzteren befiehlt, zurückzureiten und den Majestäten zu melden, dass der Berg frei sei und sie heraufkommen können. In wenigen Minuten werde es hell genug sein, um einen guten Umblick zu haben. Doch sei Eile geboten. Als der Angesprochene zu bedenken gibt, ob man nicht lieber erst das Eintreffen der Leibwache abwarten solle, die noch ziemlich weit zurückliege, wird ihm schroff erwidert, dass hier vorerst gar nichts zu befürchten sei. »Wir wagten kaum zu atmen, als wir das hörten«, hält Marbot später fest. »Man hätte ein Blatt fallen hören können, so still verhielten wir uns.« Es dauert nicht lange und es erscheinen etwa zwanzig Reiter auf der Bergkuppe. Für alle Fälle hat Marbot bereits am Abend vorher zwei Schwadronen bestimmt, die links und rechts um den Kolmberg herumreiten sollen, um etwaigen feindlichen Besuch einzuschließen und abzufangen. Ihnen will er nun, voller Hoff- nung auf einen großen Coup, mit dem Taschen- tuch das verabredete Zeichen geben – als einer seiner Männer in einer dieser Schwadronen 2. Denkmal auf dem Kolmberg bei Liebertwolkwitz

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