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kreuzer_10_2013

041 Film Rezensionen1013 Termine 084 Kunst 072 Literatur 068 Theater 058 Musik 046 Spiel 044 Film 038 05 LIBERACE – ZU VIEL DES GUTEN IST WUNDERVOLL GLITTERFASSADE USA 2013, 118 min, R: Steven Soderbergh; D: Michael Douglas, Matt Damon KKKKKUnd wieder ein »letzter Film« von Steven Soderbergh, der einmal mehr seinen Rückzug ankündigt. Zum Abschied zeichnet er die Bio- grafie des schillernden Entertainers Walter Liberace, der zu den best- bezahlten Entertainern von Ame- rika gehörte. Die Kerzenleuchter auf dem Klavier wurden zum Mar- kenzeichen. Der populäre Star hatte zwei bestens gehütete Geheim- nisse: zum einen die Glatze, die er unter einer Perücke verbarg. Zum andern die Homosexualität, die sein Manager mit erfundenen Frau- enliebschaften kaschierte. Im Som- mer 1977 beginnt der exzentrische Pianist eine Affäre mit dem hüb- schen Landei Scott. Die Lovestory zwischen dem naiven Jüngling, der einen Vaterersatz sucht, und dem exzentrischen Entertainer beginnt als leidenschaftliche Romanze. Auf Drängen von Liberace lässt Scott sich sogar sein Gesicht operieren – damit er so aussieht wie der Künst- ler in jungen Jahren. Hochkarätige Hollywoodstars wie Michael Dou- glas und Matt Damon als schwu- les Liebespaar? Das war vor weni- gen Jahren völlig undenkbar. Gar so weit her ist es mit der Liberalität der Traumfabrik bis heute nicht. Trotz der Oscargewinner vor und hinter der Kamera traute sich kein Studio an das Projekt. Erst mit HBO konnte Soderbergh das Gay-Drama stem- men. Fast wie aus Trotz geben Dou- glas und Damon das Liebespaar mit erstaunlich freizügiger Lässigkeit, lümmeln nackt im Whirlpool oder vergnügen sich lustvoll im Bett. Dank des starken Darsteller-Duos menschelt es hinter all der schrillen Fassade durchaus heftig und glaub- würdig. Hinter dem selbstverlieb- ten Liberace schimmert stets die große Einsamkeit und Beziehungs- unfähigkeit durch. Und auch Rob Lowe, der grandios grotesk den mas- kenhaften Schönheitschirurgen Dr. Startz verkörpert, ist eine Klasse für sich. DIETER OSSWALD ▶ CineStar, Passage Kinos, ab 3.10. 06 DER SCHAUM DER TAGE ENTRÜCKTE WELT F 2013, 125 min, R: Michel Gondry; D: Romain Duris, Audrey Tautou KKKKKMichel Gondry ist ein Meister skur- riler Details. Bereits in »Vergiss mein nicht« (2004) verzauberte der Filmemacher mit verblüffen- den Ideen von Strandhäusern, die mit dem Vergessen zusammen- fallen, oder Bahnhofshallen, aus denen Menschen mit der Erinne- rung verschwinden. In seinem neuen Film »Der Schaum der Tage« entführt Gondry den Zuschauer erneut in eine Welt, die voller ent- zückender Bilder einer ganz eige- nen Logik folgt. Nach der gleich- namigen Romanvorlage von Boris Vian erzählt Gondry vom Tagträu- mer Colin, der in Paris in einem Eisenbahnwaggon haust. Sein bes- ter Freund Nicolas kocht ausgefal- lene Köstlichkeiten für den jun- gen Mann, der feststellt, dass ihm etwas fehlt. Denn Geld und deka- dente Feierlichkeiten können die Leere in seinem Herzen nicht fül- len. Colin beschließt, sich zu ver- lieben – und es dauert nicht lange, bis Chloé in sein Leben tritt. Sie hei- raten, doch schon auf der Hoch- zeitsreise nimmt das Unheil sei- nen Lauf – Chloé wird unheilbar krank. Wie eine Traumwelt brei- tet sich dieses Kuriositätenspekta- kel auf der Leinwand aus und reiht sich ein in die Tradition surrealer Zauberkünstler. Gondry erschafft eine Welt, in der keine Sekunde ver- geht, ohne dass irgendeine Skurrili- tät sich ihren Weg an die Oberfläche bahnt. Hier krabbelt die Türklin- gel, sobald es schellt, aufgeregt wie ein Maikäfer durch die Wohnung. Werden Räume plötzlich rund und dient ein Mann in Miniaturformat und Mauskostüm als Nachrichten- überbringer. Doch so faszinierend die Welt ist, die Gondry auf der Lein- wand ausbreitet, die Figuren und ihre Geschichte verblassen unter der hübschen Oberfläche. Und das ist ein großes Manko. Denn Gon- dry erzählt eine tragische Liebesge- schichte, die es aber kaum vermag, den Zuschauer wirklich in ihren Bann zu ziehen. EILEEN REUKAUF ▶ Passage Kinos, ab 3.10. 07 STEIN DER GEDULD BEFREIUNGSAKT AFG/D/UK 2012, 103 min, OmU, R: Atiq Rahimi; D: Golshifteh Farahani, Hamidrezy Javdan KKKKKGedankenverloren sitzt eine junge Frau neben ihrem Mann. Der liegt nach einem Genickschuss regungs- los auf einer Matratze. Oft schließt sich die Frau mit ihm ein, erzählt von ihrem Tag und ihren Zukunfts- sorgen, während die beiden klei- nen Töchter von draußen an die Tür des kargen Hauses hämmern. Die Familie lebt in einer nicht näher benannten afghanischen Stadt, in der mit ungeheurer Brutalität gegen die Zivilbevölkerung vorge- gangen wird. Immer wieder flieht sie mit den Kindern in den Keller. Immer wieder ringt sie mit der Ent- scheidung, den Mann zurückzulas- sen und sich selbst in Sicherheit zu bringen. Mit »Stein der Geduld« hat der aus Afghanistan stammende und im Pariser Exil lebende Filme- macher Atiq Rahimi seine eigene literarische Vorlage verfilmt. Er beschränkt sich auf das zunehmend verfallende Haus als Handlungsort. So namenlos die Stadt ist, so unbe- nannt bleiben die Figuren. Rahimi geht es weniger um eine realisti- sche Erzählung aus seinem Heimat- land. Vielmehr zeichnet er ein Bild, das der weit verbreiteten Vorstel- lung von islamischen Frauen wider- spricht und sinnbildhaft für viele unterdrückte Frauen stehen könnte. Mit der bröckelnden Hausfassade und der fortschreitenden Dauer des komatösen Zustandes ihres Mannes öffnet sich die Frau. Sind ihre ersten Monologe noch von Existenzängs- ten bestimmt, breitet sie im Verlauf des Filmes ihre Träume, Wünsche und Sehnsüchte vor dem Regungs- losen aus. Ihre Erzählungen las- sen zunehmend die Kontur eines bedrückenden Lebens erkennen. Die Sprache wird zu ihrem Ventil, der gelähmte Mann zum Symbol für ein längst angeschlagenes dikta- torisches System. Getragen wird die fesselnde Geschichte eines Befrei- ungsaktes von Golshifteh Farahani , die mit ihren Erzählungen geradezu hypnotisch durch den Film führt. EILEEN REUKAUF ▶ Cinémathèque in der naTo, 10., 12., 14.-19., 22.10. 08 UNTER DEM REGENBOGEN MÄRCHENWALD F 2013, 112 min, R: Agnès Jaoui; D: Agnès Jaoui, Jean-Pierre Bacri KKKKKEins sei gleich vorangestellt: So märchenhaft der Titel »Unter dem Regenbogen« klingt, so märchen- haft ist das Leben allerdings nicht. Agnès Jaoui nähert sich in ihrer vierten Regiearbeit dem Happy End mit einem Stirnrunzeln und räumt mit dem Irrglauben auf, dass alle Mädchen prinzessinnengleich durchs Leben wandeln müssten und hinter irgendeiner Ecke garan- tiert ein Prince Charming wartet. Doch Laura träumt mit ihren 24 Jahren noch immer vom Märchen- prinzen. Und tatsächlich findet sie ihn in dem jungen Musikstuden- ten Sandro. Glaubt sie zumindest. Alles läuft wunderbar und schon bald steht die Hochzeit an. Doch Laura kommt im wahrsten Sinne mit ihrem roten Mäntelchen vom Wege ab und begegnet mitten in der waldigen Idylle Maxime Wolf, der sich im schwarzen Rollkragen- pulli und mit düsterem Blick an die junge Frau heranmacht. Während Lauras Stiefmutter mit dem Älter- werden kämpft. Mit zahlreichen Märchenmotiven aus »Aschenput- tel«, »Schneewittchen« oder auch »Rotkäppchen« haben die Dreh- buchautoren und Schauspieler Agnès Jaoui und Jean-Pierre Bacri ihre Geschichte angereichert. Doch angesichts der Tatsache, dass sich ihre Figuren im Hier und Jetzt bewe- gen, wirkt das mitunter recht über- trieben und leider auch gekünstelt. Die junge Laura, gespielt von Agathe Bonitzer, mag sich nicht so recht ins Geschehen einfinden und wandelt recht haltlos durchs Setting. Natür- lich ist sie es auch, die mit ihrer märchenhaften Vorstellung von der großen Liebe ohnehin die ganze Zeit den Boden unter den Füßen verliert. Doch der Film findet in erster Linie dann zu einer amüsanten Würze, wenn das Autorenduo als mürri- scher Fahrlehrer und verkannte Schauspielerin, die es lediglich als gute Fee in ein Kindertheaterstück schafft, geschwätzig im Auto durch die Kulisse tuckert. EILEEN REUKAUF ▶ Kinobar Prager Frühling, 10.-14., 16.10. (OmU) 05 0706 08

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