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kreuzer_10_2013

Alle Clowns dieser Erde: Das erste Leipziger Clown-Festival

058 Theater 1013 Film 038 Spiel 044 Musik 046 Literatur 068 Kunst 072 Termine 084 Klunni«: Etwas komisch klingt der Name schon, mit dem die Theaterfabrik winkt. Aber er passt gut, immerhin steht er für eine hochkarätige Clownzusammenkunft. Daraus soll sich, so der Gedanke der Macher, ein internationaler »Nukleus der Clowns« entwickeln, Leipzig also zu Fruchtkern und Zentrum der komischen Kunst werden. »Ein Clown ist ein Philosoph«, sagt »Klunni«-Aushängeschild Antoschka, eine der wenigen international bekannten weib- lichen Clownsdarstellerinnen. »Er ist ein Poet, ein Dichter, ein Künstler und malt seine Fantasien, mit und ohne Worte, mit Musik, mit seinem Körper. Aus allem kann er etwas machen – und wenn er Journalisten bestechen will, dann zaubert er ein Bonbon.« Sie holt ein Toffee hinterm Ohr des Autors hervor und strahlt übers ganze Schminkgesicht. Für Theaterfabrik- Intendant Holger Pester ist die Unabhängigkeit ein wesent- liches Merkmal: »Der Clown ist noch unabhängiger als der Schauspieler, der häufig in eine Figurenkomposition einge- bunden ist. Er ist in der Lage, als Einzelkämpfer, als Provoka- teur, als Rebell, aber auch als liebevoller Tollpatsch eine unmit- telbare Nähe zum Publikum zu schaffen.« Als Grenzüberschreiter und Tabubrecher fußt die Clownsfigur auf langer Historie, worauf der Festivalname verweist. »Klunni« heißt die altnordische Urform des Clowns. Der ab dem 16. Jahrhundert als Pausenfüller auf dem Theater erschei- nende Spaßmacher hat sich aus dem Trickster-Motiv entwickelt: Als ein die kosmische Ordnung durch Unsinn störendes Indi- viduum ist der Clown in vielen Mythen zu Hause. Jenseits von Gut und Böse treibt er seinen Schabernack mit den Mächtigen. Loki aus den nordischen Welterklärungsgeschichten zum Bei- spiel bringt den Menschenbeschützer Thor regelmäßig zur Weißglut, wenn er dessen Trinkhorn beim Wettsaufen magisch mit Weltmeeren füllt. Der hinkende und hässliche griechische Schmiedegott Hephaistos verstört allein durch seine Erschei- nung den auf strahlende Schönheit ausgerichteten Götter- himmel. Die Trickster sprechen, durch vorgegebene Torheit geschützt, die Wahrheit aus, für die andere bestraft würden. Das macht die anhaltende Begeisterung für den Trickster aus, der sich in Figuren wie dem Narren, dem Harlekin der Com- media-dell’arte-Tradition und eben dem modernen Clown diversifizierte – bis hin zum grummeligen Krusty aus den »Simpsons« und der Clown Army, die auf keiner globalisierungs- kritischen Demo fehlt. Einen Haufen solcher Spaßprediger bringt Antoschka zum Festival nach Leipzig, das der Auftakt sein soll für den regel- mäßigen Auftritt von Clowns in die Theaterfabrik. Eine Woche lang sind verschiedene clowneske und artistische Shows zu erleben. Den Höhepunkt bildet »Clown Sein«, das Zusammen- treffen von Antoschka mit der Legende Oleg Popov in ihrem ersten gemeinsamen Programm. »Es wird ein ungewöhnliches Ensemble aus großen Clowns, die sich ihr Leben lang allein behauptet haben«, beschreibt Intendant Pester. Denn Antoschka, eigentlich Ekaterina Mozhaeva, ist selbst keine Unbekannte. Sie wurde beim Moskauer Staatszirkus ausgebildet und reiste als Starclown um die Welt. Nach dem Fall des Eisernen Vor- hangs machte sie Deutschland zu ihrem Lebensmittelpunkt, gastierte bei verschiedenen Zirkusunternehmen und war mit Soloprogrammen unterwegs. Menschen Angst eingejagt habe sie in ihrer Karriere noch kein einziges Mal, lacht Antoschka. Dabei soll es tatsächlich eine zwanghafte Angst vor Clowns geben, die sogenannte Coulrophobie. Nun war der Clown noch die Harmonie suchende Ulknudel. Wissenschaftlich erfasst ist diese Krankheit noch nicht. Von Betroffenen wird sie als panische Angst vor den unmenschlich geschminkten Gesich- tern beschrieben. Naturgemäß sind die Ursachen für die Störung nicht klar. Traumatische Zirkusbesuche werden heran- gezogen, auch ein realer Serienkiller namens Pogo der Clown. Vielen gilt Pennywise aus Stephen Kings »Es« als stilprägend: Orangefarbenes Haar und Silberdollar statt Augen sind die Markenzeichen dieser Kinder holenden Manifestation des Bösen. Handfest, aggressiv und verstörend zeigten sich vor zwei Jahren zwei 42-jährige Clowns in Nürnberg. Im Streit um den Standplatz schlug einer der beiden lustig Kostümierten dem anderen die Nase blutig. Neben Körperverletzung ermit- telte die Polizei wegen Diebstahls, denn der Sieger des wenig lustigen Duells klaute dem anderen die Luftballons. In der The- aterfabrik wird es da weit friedlicher zugehen, wenn die Clowns der Welt aufeinandertreffen. TOBIAS PRÜWER ▶ 18.–27.10., Theaterfabrik, www.theater-fabrik-sachsen.de ▶ Antoschka und Holger Pester im Interview ab Mitte Oktober auf www. kreuzer-leipzig.de Rot- und Rotznasen: Das erste Leipziger Clown-Festival macht die Stadt zum Zentrum der Clown-Kunst Der Clown ist Einzelkämpfer, Provokateur und Rebell XXX Antoschka tut (fast) alles, um der größte Clown der Welt zu sein Alle Clowns dieser Erde Info + Reservierung: www.lofft.de 0341 / 355 955 10 Vorverkauf: Theaterkasse im Theater- haus am Lindenauer Markt Lindenauer Markt 21| 04177 Leipzig Mo. – Fr. 11 – 18 Uhr, Sa. 11 – 14 Uhr LOFFT – DAS THEATER Lindenauer Markt 21| 04177 Leipzig 05.+06. Oktober 2013 DUMPSTER DIVING AS WE ARE 11.-13. Oktober 2013 KING! Peng! PALAST Foto:SusannJehnichen 19. Oktober 2013 PALUCCA A.T.WO.R.K. PALUCCA HOCH- SCHULE ZU GAST IM LOFFT 24.-27. Oktober 2013 DANCE THE WALK FASHIONSHOW DESIGNERS‘ OPEN 31. Oktober +02.+03. November 2013 CANTOS: AND AMERICA LIKES ME FRIENDLY FIRE ANZEIGE SEBASTIANBRAUER

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