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kreuzer_10_2013

Die Völkerschlacht findet nicht statt: Ein paar gute Sachbücher zum Thema

068 Literatur 1013 Film 038 Spiel 044 Musik 046 Theater 058 Kunst 072 Termine 084 Was haben Karl Mays Kolportageroman »Die Liebe des Ulanen«, ABBAs Siegertitel im Eurovision Song Contest 1974 und »Asterix bei den Belgiern« gemeinsam? Richtig: In jedem dieser Werke spielt Waterloo eine Rolle. Das ist längst nicht alles: Der sowjetische Regisseur Sergei Bondartschuk hat einen zweistündigen Monumentalfilm über die Schlacht gedreht, in der im Jahr 1815 Briten und Preußen Napoleon endgültig schlugen. Es gibt Waterloo-Compu- terspiele und Internet-Simulationen, mit denen jeder sein eigenes »Waterloo erleben« kann. Waterloo ist fester Bestandteil der Populärkultur. Auch aus der Weltliteratur ist Waterloo nicht wegzudenken. In Stendhals »Die Kartause von Parma« (1839) kämpft der Romanheld Fabrizio als französischer Freiwilliger bei Waterloo, der Sieg bei Waterloo bringt den zentralen Wende- punkt in Thackerays großem Gesellschaftsroman »Jahrmarkt der Eitelkeit« (1847/1848), in Victor Hugos »Die Elenden« (1862) gibt es eine berühmte Schilderung des Schlachtfelds. Auch, um ein neueres Beispiel zu nennen, in der fantastischen Erzählwelt von Susanna Clarkes Roman »Jona- than Strange & Mr Norrell« (2004) kommt die Schlacht bei Waterloo vor. Und unsere »Battle of Nations«? Kennt keine Sau, spielt in Literatur und Populärkultur kaum eine Rolle – international sowieso nicht. Woran liegt das? Schwer zu sagen. Auf jeden Fall hat, global gese- hen, Waterloo die Leipziger »Völkerschlacht« weit in den Schatten gestellt. Und das hat – neben vielen anderen – wohl auch dramaturgische Gründe: Ihre lange Dauer (vier Tage), die Masse der Schauplätze, Aktionen und Akteure (drei Kaiser, drei Könige, ein Kronprinz) machen die »Völkerschlacht« zu einem äußerst unüber- sichtlichen Spektakel. Dagegen Waterloo: Napo- leon wagt noch einmal ein Comeback, wähnt sich schon als Sieger – und wird am Ende doch noch von seinem Gegenspieler Wellington geschlagen, und zwar, anders als bei Leipzig, ein für alle Mal. Für einen Film, ein Computerspiel oder eben einen Roman liefert Waterloo einfach die knackigere Vorlage. Wie dem auch sei, selbst in der deutschen Lite- ratur spielt die »Völkerschlacht« so gut wie keine Rolle. Nur Erich Loest hat in seinem Roman »Völkerschlachtdenkmal« (1984) an sie erinnert und allein deswegen die Leipziger Ehrenbürger- schaft verdient. Das war es aber auch schon. Na gut, da wäre noch Sabine Eberts über tau- sendseitiger Historienschinken »1813 – Kriegs- feuer«, der gerade palettenweise in allen Leipziger Buchhandlungen herumliegt. Aber der zählt nicht so richtig, weil es sich um ein Auftragswerk aus Anlass des Völkerschlachtjubiläums han- delt. Andererseits ist dagegen absolut nichts ein- zuwenden. Wer nach einem langen Arbeitstag für seriöse Geschichtswerke keinen Nerv mehr hat oder sein Geschichtswissen gerne auf unterhaltsame Weise erweitert, macht mit »1813 – Kriegsfeuer« sicher nichts falsch. Wer jedoch mit solchem Trivialkram nichts anfangen kann, hält sich besser an Sachbücher, und davon sind in letzter Zeit eine ganze Menge erschienen. Die Sachbuchautoren zieren sich nicht so wie Belletristen. Drei davon möchten wir Ihnen besonders ans Herz legen: Als Einstieg bestens geeignet ist Hans-Ulrich Thamers kompakter Band »Die Völkerschlacht bei Leipzig«, über den Sie auf der übernächsten Seite eine Rezension finden. Wer sich dafür interessiert, wie die Leipziger die Schlacht erlebt und erlitten haben, sollte zu Steffen Posers solider (wenn auch bisweilen etwas lieblos heruntererzählter) Darstellung »Die Völkerschlacht bei Leipzig. ›In Schutt und Graus begraben‹« greifen, die neben ausführ- lichen Berichten von Zeitzeugen auch über reich- haltiges und vorzügliches Bildmaterial verfügt. Das umfangreichste und zugleich fesselndste Buch über die Völkerschlacht hat aber Andreas Platthaus geschrieben: »1813« lässt sich unein- geschränkt als das aktuelle Standardwerk zum Thema empfehlen. Platthaus erweist sich nicht allein als Kenner der Materie, sondern auch als souveräner, gelegentlich mitreißender Erzähler. Doch für welches Buch Sie sich auch entschei- den: Um im Schlachtengetümmel nicht den Überblick zu verlieren, sollten Sie sich auf alle Fälle die Karte der Völkerschlacht vom Verlag Rockstuhl zulegen, die außerdem recht preiswert ist. Und bedenken Sie: Was hätte Napoleon für diese Karte gegeben! OLAF SCHMIDT ▶ Steffen Poser: Die Völkerschlacht bei Leipzig. »In Schutt und Graus begraben«. Herausgegeben vom Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig. Edition Leipzig, Seemann Henschel 2013. 176 S., 19,90 € ▶ Andreas Platthaus: 1813. Die Völkerschlacht und das Ende der Alten Welt. Berlin: Rowohlt Berlin 2013. 480 S., 24,95 € ▶ Historische Karte der Völkerschlacht 1813. Reprint-Auflage aus Meyers Konversationslexikon, 6. Aufl. 1905. Bad Langensalza: Rockstuhl Verlag 2013. 42 cm x 59,4 cm, 9,95 € Jedenfalls nicht in der schönen Literatur. Dafür gibt es ein paar gute Sachbücher »Battle of Nations«? Kennt keine Sau WIKIPEDIA/IMNOTKELLER Die Völkerschlacht findet nicht statt Einfach die knackigere Vorlage: Schlacht bei Waterloo 1815

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